: Heimatschutzbrigade und Zwei-Plus-Vier-Vertrag
■ „Heimatschutzbrigade“ ersetzte die 4. Mot.-Schützendivision/ Sie ist der erste Verband des „Territorial“-Heeres in den fünf neuen Bundesländern
2+4-Vertrag, Art. 5(1): „Bis zum Abschluß des Abzugs der sowjetischen Streitkräfte vom Gebiet der heutigen DDR und Berlins ... werden auf diesem Gebiet als Streitkräfte des vereinten Deutschland ausschließlich deutsche Verbände der Territorialverteidigung stationiert sein, die nicht in die Bündnisstrukturen integriert sind...“
Am Freitag, dem 22. März, wurde in Erfurt die ehemalige 4. MSD (Mot.- Schützendivision), früher verantwortlich für den Schutz der innerdeutschen Grenze, in die HSBr-39 (Heimatschutzbrigade) umgewandelt. Im Auftrage des Ministerpräsidenten Duchac konnte feierlich der neu aufgestellten HSBr der Beiname „Thüringen“ verliehen werden. Wurden in der Ex-DDR miltärischen Verbänden die Namen von Antifaschisten und Kommunisten gegeben, will man sich jetzt nicht auf Persönlichkeiten berufen, sondern auf Regionen und damit die Heimatverbundenheit dokumentieren.
Thüringens Landesregierung „fühle sich der Bundeswehr verpflichtet“, erklärte der Minister zur besonderen Verwendung Lengemann (Hessen-Import). In seinen Gedanken zur Integration in die Bundeswehr und den militärischen Großverband (gemeint: Nato) führte er aus, „daß sich eine Demokratie nicht schutzlos totalitären Diktaturen ausliefern könnte. Je solider das Standbein (Armee, d.Red.), umso besser die Verhandlungsbasis für die Abrüstung“. Wahrscheinlich ist den Herren noch entgangen, daß der Warschauer Pakt tot und die Sowjetunion am Zerfallen ist. Wie der scheidende Kommandeur, Brigadegeneral Bernd Albert (aus Schleswig-Holstein), feststellte, haben die Deutschen bewiesen, daß eine unblutige Revolution möglich ist. Aber eine Armee sei nötig zum „Schutz vor Risiken“. Diese Risiken wurden von den Hütern der Demokratie nicht weiter benannt.
Die HSBr „Thüringen“ wird als erster Verband des „Territorial“- Heeres im Bereich der fünf neuen Länder aufgestellt. Ihr kommt hiermit insofern eine Leitfunktion zu. Legitimation und Anreiz für viele Jugendliche sei die Möglichkeit, als Unteroffizier der Arbeitslosigkeit zu entgehen. Nach der Intonierung des Rennsteigliedes [wie nett — die k.in] von Herbert Roth wurden neue Truppenfahnen an die Bataillone in Anwesenheit des Herrn Schwäblein (CDU) und Herrn Steputat (FDP) übergeben. SPD und NF/Grüne/DJ waren der Einladung ferngeblieben. Eine Abgeordnete der PDS beobachtete kritisch das Geschehen in dem ehemals „W.Liebknecht-“, jetzt „Löberfeld-Kaserne“ genannten Objekt.
Interessant ist vor allem die bekanntgegebene Struktur. Laut Zwei- Plus-Vier-Vertrag sollen die Verbände auf dem ehemaligen DDR-Gebiet nicht in die Nato-Strukturen eingebunden werden. So sollten im Bericht des Bundeswehrkommandos Ost nur Einheiten und Truppenteile des Territorialheeres aufgebaut werden (siehe Gegenüberstellung im Schema).
Dies heißt: Statt defensiver Strukturen soll diese sogenannte HSBr-39 aus Panzern und aus Grenadierbataillonen bestehen. Es deutet in Wahrheit auf eine Panzergrenadierbrigade des Feldheeres hin (Heeresstruktur). Führungsmäßig ist aus „wirtschaftlichen Gründen“ die HSBr-39 der zweiten Panzergrenadierdivision (Kassel) unterstellt und ist damit ans Landheer schon angebunden. Damit öffnen sich Nato- Strategien bereits jetzt im Osten Tür und Tor. Die faktische Ausdehnung der Nato-Strukturen bis an die polnische Grenze versucht man zur Zeit noch durch die Bezeichnung „HSBr“ zu kaschieren. Panzerfahrlehrer werden bereits jetzt schon auf dem „Leopard“-Panzer ausgebildet. Ein Hauptmann am Rande dieser feierlichen Veranstaltung: „Was sollen wir denn mit den T-34!?“
Die Hoffnungen von Friedensbewegten haben sich damit zerschlagen, wonach Kasernen und Truppenübungsplätze (z.B. Drosselberg) geräumt und den Kommunen übergeben werden sollen. Sie wiesen in einem Flugblatt darauf hin, daß die Kasernen „saniert“, während täglich Betriebe „abgewickelt“ werden. Gegen die Zuführung der „Leos“ nach Gotha haben nicht nur am Ostersonntag Friedensbewegte ihre Stimme erhoben. Voigt und AG „EntRüstung“
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