: Heimat als Politikersatz
Die Landesregierung redet ihre Europapolitik schön
Nach all dem Ärger in der Medienpolitik freute sich Miriam Meckel, Staatssekretärin für Medien, Europa und Internationales und bis vor einiger Zeit noch hochgejazztes Aushängeschild der Landesregierung, wohl ganz besonders, mal ein bisschen über Unverfängliches reden zu können. Eine Einladung der Auslandsgesellschaft NRW schien dafür am Dienstagabend der richtige Anlass. Statt sich also immer nur mit griesgrämigen Rundfunkintendanten, der Abwicklung von Medieninstituten oder dem Wegzug von Vivapopkomm nach Berlin auseinander zu setzen, plauderte sie lässig aus dem Brüsseler Nähkästchen. Thema: Konsequenzen der EU-Erweiterung für NRW.
Natürlich, versicherte sie, werde die europäische Dienstleistungsrichtlinie nicht so kommen, wie zurzeit in der Diskussion, schließlich müssten heimische Unternehmen die Chance auf einen fairen Standortwettbewerb haben. Und natürlich werde es die Ziel-II-Förderung, die noch bis 2006 strukturschwache Regionen in NRW alimentiert, auch darüber hinaus geben: „Die Vorschläge liegen auf dem Tisch.“ Und dass das Exportland NRW von der weiteren Integration Europas und dem Zusammenwachsen der Märkte nur profitieren könne, sei auch klar. Natürlich. Mit Problemen wollte sich Meckel an diesem Abend nicht so lange aufhalten. Schließlich sei Europa mehr als nur ein institutionelles Gefüge, es sei eben „eine Dimension von Heimat“. Und über Heimatgefühle lässt sich schwerlich streiten.
Doch Meckels Plauderei über europäische Heimatgefühle sind – druckreif, aber inhaltsleer – sinnbildlich für die Europapolitik des Landes, das mit 18 Millionen Einwohnern größer ist als viele Mitgliedsstaaten der Union. Wenn es um handfeste Politik gibt, bleibt NRW in Brüssel blass. EU-Chemikalienverordnung? Das Chemieland NRW verschläft die Debatte. Ziel-II-Förderung? Dem Land drohen in den nächsten Jahren Kürzungen von bis zu zwei Milliarden Euro. Und verglichen mit der Heerschar an Beamten, die bayerische Interessen in Brüssel vertreten, müssen sich die wenigen NRW-Gesandten dort fast einsam fühlen.
Tut alles nichts zur Sache, findet Meckel und scheint es wie Goethe zu halten. Europa ist eben Heimat, und „Heimat ist da, wo man sich nicht erklären muß“. ULLA JASPER