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Heftig umstritten: taz-Autor Wiglaf DrosteKeine Zeit für Wortwitze und Satire

betr: „Schlimme Bilder, schlimm“, „Bin ich Ami, bin ich Laden“, von Wiglaf Droste auf der Wahrheit u. a.

Muss, wenn der Terror monströse Ausmaße annimmt, auch der Zynismus monströse Ausmaße annehmen? Einer so simplen Logik zu folgen, ist eigentlich nicht Drostes Sache. Warum aber wirft er Trauernden vor, sie führten sich auf, „als sei die Friseuse Diana Spencer ein zweites Mal getunnelt worden“? Warum schreibt er, dass „die Botschaft richtig“ sei, und lässt durchblicken, es habe ja nicht eben die Falschen getroffen? Vielleicht gehört Droste mittlerweile zu den Menschen, die für niemanden außer sich selbst mehr Mitleid empfinden können. Oder aber er betreibt nur eine etwas bizarre Art persönlicher psychischer Hygiene. Das alles ist seine Sache. Dass die taz ihm dafür die Bühne bietet, ist allerdings schlimm. PATRICK SCHULTHEIS, Berlin

Was Droste schreibt, was Ruthe zeichnet, was die Wahrheit über Arafat und Hamburg verbreitet – all das empfinde ich als völlig unangemessen und ärgerlich. Es ist nicht die Zeit für Wortwitze und Satire der üblichen Form. Die taz verspielt damit viel, vor allem die Chance, als kritische Stimme wahrgenommen und respektiert zu werden. LARS TOTTMANN, Recklinghausen

Droste, Arschloch! ANGELA DIETZ, Hamburg

Wie ich Droste verstehe, stört ihn erstens, dass sich unsere Sozis mit den Amis identifizieren, und zweitens, wie das medienwirksam preudohumanitär ausgeschlachtet wird. Zu erstens, dem Sinn dieser Identifikation, bezweifelt er, dass die USA der Gralshüter der Zivilisation sind, und zu zweitens sieht er in unserer Medienlandschaft einen Schleim, der in hysterischer Freude krepierende Menschen 24h-CNN-live versendet, um dumpfe Rache zu mobilisieren. Wie wär’s, mal diese Thesen zu diskutieren und nicht immer die Frage, ob Droste nun dumm/böse ist?

WALTER GRÖH, Bremen

Na endlich, ihr habt euch gefangen. Kurz bevor wir Vergeltung üben und zum Gegenschlag qua Boykott greifen wollten. Wiglaf Droste hat euch gerettet, hero of the day, er sagt – als Erster überhaupt – die Wahrheit und wird sicher noch in Abschwörehaft genommen. Seinen Artikel auf die erste Seite bitte, statt des austauschbaren Trauermatsches und Betroffenheitsnebels, hinter dem die Raketen postiert werden.

Eine so einfache, so unprofessionelle wie effektive Gleichschaltung des Fernsehens zur Mobilmachungsanstalt hätten wir nicht für möglich gehalten. Es kennt kein Programm mehr, sondern ist zur Nachrichtendauersendung ohne Nachrichten mutiert; eine Endlosschleife des zugegeben geilsten Bilds der letzten Zeit.

Dokumentiert, was passiert. Schreibt von der Metaebene aus, beobachtet die Beobachter. ADRIAN LERCH, Köln

Nur kurz (weil keine Zeit), aber bestimmt (weil ihr wahrscheinlich wieder ordentlich was auf die Mütze kriegt): Ich finde den Artikel fast überall sehr gut. Sogar ziemlich witzig.

Der einzige Satz, den ich schwer schülerzeitungsmäßig finde, ist dieser: „Eine Welt aber, die den Verteidigungsminister Rudolf Scharping duldet, gibt der Zivilisation keine Chance.“ Also, soo schwächlich ist unsere Zivilisation nun auch wieder nicht im Moment, dass sie zusammenbräche, nur weil Rudi Verteidigungsminister ist. Selbst wenn Bush irgendwo reindröhnt. Aber der Tenor des Briefes und besonders das Fazit gehen für mich voll in Ordnung: Nämlich, „dass arme Schweine sehr leicht eben auch Schweine sind. Solange daran nichts geändert wird, so lange ändert sich nichts.“ Das ist es. Man kann es natürlich auch schöner sagen. Geschenkt. Ich hoffe, Wiglaf Droste bleibt uns (und euch) lange erhalten. HARRO KOBZIK, Kassel

Räumen Sie Wiglaf Droste am besten den Platz für eine tägliche Kolumne frei. Seine Kommentare werden dringend benötigt – als Antidotum zu dem Auswurf der Heuchler, der auf allen Kanälen durch die Kabelnetze glitscht. JENS WURCHE, Frankfurt

Obwohl ich kein so großer Fan bin von Herrn Wiglaf Droste, war es mir heute eine Wohltat, seinen Wahrheits-Kommentar zu lesen. Aber er scheint ja in der restlichen Besatzung nicht viel Resonanz zu haben, sonst würde doch wohl die Berichterstattung etwas anders ausfallen?! C. VALENTIN, Berlin

Wenn Bin Laden die Anschläge organisiert und finanziert hat; wenn er über ein Milliardenvermögen verfügt; wenn er die Gelder in den Steueroasen angelegt hatte – was als sicher gilt! –, dann sind alle die Kräfte Komplizen der Attentäter, die bisher aktiv verhindert haben, dass die Finanzströme einer demokratischen Kontrolle unterworfen werden! Man könnte möglicherweise sonst die Hintermänner der Attentate einkreisen.

Es ist wahrscheinlich, dass die Planer der Terroranschläge für den Fall des Gelingens auch die Wirkung auf die Börse vorausgesehen haben und entsprechend Gelder platziert haben, sodass sie jetzt womöglich auch noch einen satten Zugewinn verzeichnen können. ALBRECHT KAPPIS, Karlsruhe

Die Redaktion behält sich den Abdruck und das Kürzen von Briefen vor. Die veröffentlichten LeserInnenbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der taz wieder.

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