piwik no script img

■ Heckelmann und MykonosTagt im Ausland!

Wer gefährlich lebende Politiker erwartet, sollte sie nicht zu Veranstaltungen nach Berlin laden. Denn wenn man hier nicht vorher weiß, wann welcher Teilnehmer wo und von wem erschossen wird, können an die Polizei keine „konkreten Gefährdungshinweise“ geliefert werden. Folglich ist das Interesse des noch amtierenden Innensenators Heckelmann zumindest so gering, daß er sonst übliche Sicherheitsrunden in seiner Verwaltung nicht einberuft. Daß in dem betreffenden Fall – bei der Tagung der Sozialistischen Internationale im September 1992 – etwa der israelische Ministerpräsident gefährdet war, wußte die Polizei ja ohnehin, und der ist ja auch nicht erschossen worden. Also, so Heckelmanns zufriedene Bilanz, haben Uniformierte, Verfassungsschutz und er selbst alles im Griff.

Die CDU wiederum sieht Versäumnisse beim Veranstalter, weil er die Namen der vier späteren Opfer nicht vor Beginn der Tagung liefern konnte. Dieser Vorwurf ist nichts als ein billiger Vorwand. Denn auch die Union weiß, daß die vier oppositionellen Iraner wie etliche andere Tagungsteilnehmer – zu ihrem eigenen Schutz – unter falschem Namen nach Berlin gereist waren. Auch nahmen die vier verspätet an der Tagung teil, und so kamen ihre richtigen Namen erst während der Tagung auf die Anmeldeliste. Der Vorwurf der CDU kommt allerdings nicht überraschend, hatten die Konservativen doch bereits im letzten Sommer angekündigt, den Untersuchungsausschuß mit neuen Beweisanträgen in die Länge zu ziehen. Der Ausschuß sollte ursprünglich nämlich kurz nach jener Bonfert- Affäre enden, die Heckelmann nicht den Kopf, aber die Zuständigkeit für den Verfassungsschutz kostete. Wäre unmittelbar nach der Affäre um den Pressesprecher mit rechtsradikalen Kontakten der Abschlußbericht des Ausschusses vorgelegt worden, wäre das möglicherweise Heckelmanns politischer Todesstoß gewesen.

Sollten durchgeknallte Terroristen mal ein Auge auf Heckelmann werfen, ist ihm zu wünschen, daß er vorher von ihnen unterrichtet wird. Eine Sicherheitsrunde jedenfalls würde ohne konkrete Hinweise nicht extra zusammenkommen. Dirk Wildt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen