He-Man statt Soldaten

■ Ist »Fantasy« zeitgemäße Kriegsspiel-Sublimation?

Berlin. Die Zeiten, in denen die kleinen Kinder kolonnenweise mit Panzern und Handgranaten in Mini-Format hantierten, scheinen langsam zu Nostalgie zu werden. Joy-Sticks und Computerspiele ersetzen die direkte Konfrontation in der Sandkiste. He-Man verdrängt den Landser und den guten alten Sheriff mit Revolvergurt. Das ergab jedenfalls eine (nicht repräsentative) Umfrage bei Berlins Spielwarenhändlern.

Seitdem immer mehr Eltern gegen den Bellizismus ihrer Kinder antiautoritär zu Felde zogen, macht auch das Verkaufen von Kriegsspielzeug keine Freude mehr. »Es gibt dermaßen viele andere Spielwaren, daß wir uns der Diskussion um das klassische Kriegsspielzeug nicht mehr aussetzen«, gibt Hans Iden vom Großhandel »Berliner Fach C&C« zu. »Die meisten guten Spielwarengeschäfte führen das nicht mehr.«

He-Man und Turtles heißen die Helden der 90er. Anything goes — nichts geht über Fantasy. Ganze Ladenketten haben sich darauf spezialisiert. Ob Fantasy nicht Kriegsspiel in visionärer Form ist, daran scheiden sich die Pädagogengeister und auch die der Händler. »Was ist denn Kriegsspielzeug und was nicht?« fragt Thomas Scheunemann, Großhändler in Spandau. Er lehne alles, was mit Waffen zu tun habe, ab. »Dazu gehören eben auch Elektronikspiele, in denen geschossen wird — und das sind die meisten.« Nicht einmal Wasserpistolen will er seinen Händlern verkaufen. »Man muß ja nicht alles, was gut läuft, im Programm haben. Ich stehe nicht dahinter.«

Daß Kriegsspielzeug out sei, kann der Einzelhändler Udo Schort nicht bestätigen. »Verlangt werden Waffen und Panzer immer noch wie verrückt«, sagt Udo Schort, Mitinhaber von »Spiele Max«. Seit vorigem Jahr hat der Händler sie dennoch aus seinem Sortiment genommen. Sechsstellige Summen jährlich entgingen dadurch seitdem seinem Geschäft.

Die meisten Kinder fänden Granaten und Pistolen, Panzer und Kampfflugzeuge (»Peng, Peng, du bist tot!«) aber immer noch ungeheuer spannend. Und die Eltern, die Kriegsspielzeug kaufen? Vielleicht, so mutmaßt Händler Schort, »hat es auch etwas mit Macht zu tun.« jgo