: Havarien für alle!
Dem Schiffsspielzeug des vergangenen Jahrhunderts widmet das Übersee-Museum eine nette kleine Sonderschau
Ein typisch deutsches Kinderzimmer vor dem ersten Weltkrieg, männliche Ausgabe: Was auf keinen Fall fehlen durfte, war die Dampfmaschine. Aber mindestens ebenso wichtig war die maritime Anbindung von Jugend an. Schiffsmodelle im Vitrinenschrank, das Brettspiel Durch die weite Welt – am besten in der „neuen Prachtausgabe“ – und selbstverständlich trägt der Bub einen Matrosenanzug.
Die Einrichtung eines jungen Flotten-Fans zeigt das Übersee-Museum im Rahmen der Sonderschau In meiner Badewanne bin ich Kapitän: Schiffsspielzeuge in allen Größen und Farben, aus Zinn, Blech und Plastik. Zum Glück besitzen die MacherInnen noch einen ausgeprägten Spieltrieb. Sie haben Modelle aus den vergangenen 100 Jahren zusammengetragen. Weil die Ausstellung familienfreundlich sein soll, dürfen alle BesucherInnen ran. Für die Kleinen gibt’s ein Becken, wo man mit Luftballon-getriebene Holzschiffchen kentern lässt, und die immer beliebte Playmobil-Ecke, die Großen können sich an einem anderen Becken um Fernbedienungen kloppen.
Die Spielzeug-Branche boomt, trotz sinkender Geburtenrate. Kurator Hartmut Roder kennt auch den Grund: Die meisten Käufer seien älter als 45 Jahre. Sie gingen ihrer Sammel-Leidenschaft nach. Um die Jahrhundertwende waren Schiffsmodelle aus Zinn oder Blech jedoch das Kinderspielzeug schlechthin. Und das weltweit. So wurden 90 Prozent der in Deutschland hergestellten Modelle exportiert. Deshalb sind die Spielzeug-Schiffchen auch keine exakten Nachbildungen. Denn das hätte dem Verkauf ins Ausland geschadet.
Auch der popkulturelle Bezug darf nicht fehlen: Auf einer Videoleinwand schippert James Camerons Hochglanz-Titanic, begleitet vom Beatles-Unterwasser-Hit „Yellow Submarine“. Das kleinste Modell von Seargent Pepper passt übrigens in einen Pfefferstreuer. Der wird ebenfalls museal gewürdigt.
Axel Lerner
In meiner Badewanne bin ich Kapitän, Übersee-Museum. Di-Fr 9 bis 18, Sa und So 10-18 Uhr. Infos unter ☎ (04 21) 16 03 81 71 und unter www.ueberseemuseum-bremen.de Bis 19. September