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Hausprojekt will Räumung abwendenLetzte Hoffnung: eine Klage

Die Liebig 14 startet ihren letzten Rettungsversuch: eine Eilklage gegen die Räumung. Bezirksbürgermeister sieht wenig Hoffnung für Erhalt des Hausprojekts, Eigentümer ducken sich weg.

Das räumungsbedrohte Haus Liebigstraßße 14 in Berlin-Friedrichshain Bild: dpa

Das Friedrichshainer Hausprojekt Liebig 14 ergreift den letzten Strohhalm: Die Räumung soll mit einer Klage verhindert werden. Am Montag reichte ein Bewohner beim Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg Einspruch gegen die Räumung ein. Begründung: Als Untermieter sei gegen ihn kein Räumungstitel ausgesprochen worden. "Die Titel sind auf Personen ausgestellt, die längst nicht mehr im Haus leben", sagt Bewohner Eric. "Eine Räumung wäre damit rechtswidrig." Auch der Anwalt der früheren Liebig-Mieter, gegen die die Räumung ausgesprochen wurde, stützt diese Sicht. "Wer als Untermieter eigenständiges Besitzrecht glaubhaft macht, kann Einspruch gegen die Räumung erheben", so Gerhard Fuchs.

In dem 1990 besetzten und später legalisierten Hausprojekt besitzen bis heute Altbewohner, die nicht mehr im Haus leben, die Mietverträge. Diese hatten zum Teil "aus Solidarität" die Verträge behalten, um das Projekt nicht zu gefährden. Ende 2009 wurden alle Verträge nach Kündigung durch die Eigentümer vor Gericht aufgehoben. Das Amtsgericht will am heutigen Dienstag über den Eilantrag entscheiden. Bisher, so heißt es aus Justizkreisen, werde an der Räumung am Mittwoch festgehalten - rechtskräftige Hinderungsgründe lägen nicht vor.

Schlägt der Eilantrag fehl, sieht es für die Liebig 14 schlecht aus. Er sehe kaum noch Chancen, dass ein Ersatzobjekt für die Liebig 14 gefunden werde, sagte Franz Schulz (Grüne), Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg. "Nur eine Intervention des Senats könnte noch für eine reale Chance sorgen." Würde der Senat eine Wohnalternative anbieten, wäre dies ein "unglaubliches Deeskalationsangebot", so Schulz, der im Fall der Räumung am Mittwoch als Vermittler vor Ort sein will.

Die Senatsverwaltungen für Inneres und Stadtentwicklung weisen die Forderung zurück. Die Liebig 14 sei ein privater Rechtsstreit, die Stadt nicht in der Pflicht, sagen Sprecher. Auch bei der Wohnungsbaugesellschaft Mitte wird abgewunken: Man sei "den ganzen Schrank durchgegangen", Ersatzobjekte gebe es nicht, so eine Sprecherin. Angebotene Einzelwohnungen seien abgelehnt worden.

Die Eigentümer der Liebig 14, Edwin Thöne und Suitbert Beulker, ducken sich weg. Schon seit Jahren versuche er aus der GbR auszusteigen, so Thöne zur taz. An den Verhandlungen mit den Bewohnern sei er nicht mehr beteiligt gewesen. "Das Haus hat mir mehr Ärger gebracht als alles andere." Beulker lehnt alle Kommentare ab.

Die Räumung der Liebig 14 ist für Mittwoch, 8 Uhr angekündigt. Er gehe davon aus, dass dieser Termin eingehalten werde, sagt Liebig-Anwalt Fuchs. "Die Vollstreckung wird vom Gerichtsvollzieher terminiert, die Polizei hat da keinen Spielraum." Auch ein Gerichtssprecher bestätigt den Termin: "Das liegt in der Hand des Gerichtsvollziehers. Unser Stand ist Mittwoch, 8 Uhr."

Die linke Szene hat für diesen Tag "dezentrale Aktionen" angekündigt. Eine "Initiative linker Läden" erklärte außerdem, an dem Tag "solidarisch zu schließen".

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5 Kommentare

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  • JS
    Jochen Schubert

    @Manko

     

    Tu doch nicht so. Du weißt es doch genauso gut, wie ich auch. Keiner der dort wohnenden hat einen gültigen Mietvertrag. Die Altmieter sind schon lange draußen. Und die neuen Bewohner zahlen freiwillig genau den Betrag, auf den sie Bock haben. Als Alternative fordern sie, dass ihnen der Steuerzahler ein Ausweichobjekt zum Mietniveau der 90er Jahre zur Verfügung stellt, natürlich in bester Innenstadtlage.

     

    Abgesehn davon solltest du das alles nicht aufs materielle beschränken. Schon die Tatsache, sich im Eigentum anderer einzunisten, ohne vorher gefragt zu haben, erinnert schon sehr an die genannten kleinen Tierchen. Und wer "Freiraum" als Einbahnstraße versteht und den "Yuppies", deren Kinder bei nächtlichem Partylärm auf dem "Dorfplatz" nicht schlafen können, zu verstehen gibt, sie sollten sich verpissen, wenns ihnen nicht gefällt, der lebt nunmal ganz eindeutig als Made auf Kosten anderer.

  • M
    Manko

    Jochen, du hast aber ne Ahnung,

     

    komisch weil, die "maden" Kids zahlen seit Anbeginn Miete. Dies hat sich auch nach dem Ablauf der Mietverträge nicht geändert.

    Eine Entschädigung wurde daher bisher erbracht, so "madig" klingt das gar nicht.

     

    Und deine Hintergrundinformationen über die Bewohner scheint auch wirklich gut recherchiert zu sein,

    scheinbar leben auch Studenten die Politik- und Sozialwissenschaften studieren auf Kosten anderer wie "maden", echt interessante Pauschalisierung, so hab ich das noch gar nicht betrachtet.

  • B
    bürger

    Na klar ist es toll, dass es solche Häuser gibt und ich finde es schade, dass es geräumt werden soll.

     

    Aber:

     

    Ich habe mich wirklich bemüht, Solidarität zu empfinden - beim besten Willen kann ich mich nicht auf die Seite der Besetzer schlagen - daran ändern nicht mal die einseitig formulierten Texte auf deren Website etwas. (Die sind sogar eher kontraproduktiv!)

     

    Die Besitzer mögen noch so große *****geigen sein - sind sie im Recht. So ist es leider in unserem Rechtsstaat. Dass ich mit den Besetzern in vielen Punkten übereinstimme, ändert daran leider nichts.

    Die sollen sich mal überlegen, was los wäre, wenn jeder, der sich ungerecht behandelt fühlt, versuchen würde, seinen Standpunkt mit Gewalt, Blockade und Besetzung durchzusetzen. Wie wäre es denn mal mit Rechtsextremen? Wie gut, dass dagegen vorgegangen wird. Und als logisch denkender muss ich im selben Atemzug sagen: wie gut, dass die Liebig geräumt wird.

     

    Der Auruf zu Chaos etc. beraubt mich der letzten Sympathien. Sehr, sehr schade!

  • A
    A.W.G.

    Natürlich haben die Bewoner Mietverträge, steht doch im Artikel, oder wie blind sind sie, Herr Schubert??? Und diese "Maden" machwen sich kein "gemütliches Leben auf Kosten anderer", sie betreiben wunderbare Kulturarbeit und wären diese Häuser nicht, in denen sie ihre Projekte begehen könnten, wohin sollten sie denn dann? Haben sie schon einmal "Kids" gesehen, die sich in gut erreichbaren Stadtpositionen Räumlichkeiten leisten können? Sie wären alle auf der Straße und das würde Typen wie Ihnen dann auch wieder nciht passen, weil sie das "Straßenbild verschandeln" würden...

  • JS
    Jochen Schubert

    Ganz plözlich interessieren sie sich für die Gesetze des Schweinesystems. Wenns nur immer so wäre.

    Gut an der Sache ist, dass endlich mal mit dem Märchen aufgeräumt wird, die Bewohner hätten angeblich Mietverträge.

    Ich gehe mal davon aus, die Besitzer waren clever genug, Untervermietung zu verbieten oder mindestens nur mit Einverständnis des Vermieters zu erlauben.

    Das sind keine Untermieter. Das sind Kids, die sich in fremden Eigentum breit machen, sich wie Maden auf Kosten anderer ein gemütliches Leben machen.