Haushaltskrise in den USA: Angst vor dem Postboten
Die ersten Kündigungsschreiben sind schon unterwegs. Militärangestellte, Fluglotsen und Lebensmittelkontrolleure fürchten um Jobs und Aufträge.
WASHINGTON taz | Die Hiobsbotschaft erreichte Renee Buck schon, da war das staatliche Spardiktat noch gar nicht in Kraft: Sie solle sich auf unbezahlten Urlaub gefasst machen, stand in dem Brief.
Die Arbeiterin in einem Militärdepot in Virginia fürchtet nun jeden Tag den Postboten: „Es ist ein Schlag für meine Familie, wie für zahlreiche andere“, erklärt Buck. „Mit 22 Tagen Zwangsurlaub von April bis Oktober verlieren wir fast 20 Prozent unseres Lohns.“ Viele wüssten noch nicht, wie sie das auffangen sollten. „Vielleicht das Auto verkaufen – ich weiß es nicht.“
Wie Buck sind beim Militär rund 800.000 Zivilangestellte von den Zwangskürzungen betroffen. Etwa die Hälfte der Einschnitte treffen das Verteidigungsministerium, aber auch im zivilen Bereich geht die Angst um Jobs und Aufträge um.
„Beginnend in dieser Woche, wird der Alltag vieler Mittelklasse-Familien zerrissen“, beschwor auch Präsident Barack Obama am Tag eins des Spardiktats den Ernst der Lage. Da hatten die ersten Ministerien und Regierungsbüros bereits eine Reihe von Zwangsbeurlaubungen oder Kündigungen auf den Weg gebracht.
Flugsicherheit auch betroffen
30 Tage Vorwarnzeit gelten im öffentlichen Dienst, und so lange wird es dauern, bis die US-Bürger die ersten Auswirkungunen des „Sequesters“ in ihrem Alltag spüren werden. „Hunderttausende Amerikaner, die diesem Land dienen, Grenzbeamte, FBI-Agenten, Zivilisten, die für das Pentagon arbeiten, werden signifikante Lohnkürzungen oder Beurlaubungen erleben“, so Obama.
Die ersten Auswirkungen werden an Flughäfen und Grenzen zu spüren sein, wo es durch massive Personalkürzungen zu längeren Schlangen kommt. Das Fliegen könnte gar unsicherer werden: Die Flugsicherheitsbehörden warnten davor, dass auch Fluglotsen entlassen werden könnten.
Erste Kürzungen treffen vor allem die Lebensmittel-Kontrollbehörde. Ihr Haushalt umfasst insgesamt eine Milliarde Dollar, er wird um 50 Millionen Dollar beschnitten. Nach Informationen eines Sprechers, Brian Mabry, trifft es dort insbesondere die Inspekteure für Fleisch und Geflügel. „Es wird nicht dazu kommen, dass wir weniger sicheres Fleisch produzieren“, sagte eine Sprecherin der Lobbygruppe American Meat Institute der Washington Post. „Aber wir werden weniger Fleisch produzieren.“ Damit dürften die Preise für eines der am meisten verzehrten Lebensmittel in der Fleischnation USA steigen.
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