: Hauptmann Pfeffer
Vier, fünf, viele „Beatles“: Klaus Beyer, Pilzkopf-Nachlassverwalter eigener Art, in der Astra-Stube
Ende Zwanzig war der gelernte Kerzenzieher Klaus Beyer, als er anfing, die Lieder seiner popmusikalischen Favoriten, der Beatles, auf ganz eigene Weise vor dem – kaum drohenden – Vergessen zu bewahren. Weil seine Mutter die englischen Texte nicht verstand, so geht die Geschichte, übersetzte Beyer sie ins Deutsche. Zwei Jahre früher hatte sein Vater ihm die erste Super-8-Kamera geschenkt, und diese beiden Elemente bilden seitdem die Eckpunkte des, nun ja, Gesamtkunstwerks Beyer.
Die Instrumentalversionen der Originale dienten als Fundament für merkwürdige Coverversionen, die Beyer, regelmäßig als „Der fünfte Beatle“ bezeichnet, ab Mitte der achtziger Jahre mit selbst gedrehten Kurzfilmen bebilderte. Aus skurril-radebrechenden Hybrid-Popsongs wurde so ein gänzlich neues Format: verfilmte Lieblingsschallplatten. Neben seinen regelmäßigen Auftritten mit Beatles-Programmen sorgten so Das gelbe Unterseeboot (1996), Hauptmann Pfeffers einsamer Herzenklub (1987) oder auch Das weiße Doppelalbum (1991) als Film oder später im recht einfach selbst zu produzierenden CD-Format für die Aufmerksamkeit einschlägiger Berliner Undergroundkreise.
Die Kreuzberger Art-Noise-Sonstwas-Helden Mutter stellten sich vor einigen Jahren zeitweise als seine Begleitband zur Verfügung, später tingelte Beyer mit dem notorischen Christoph Schlingensief durch U-Bahnen und TV-Sendungen. Mit seinen Versionen von „Bitte Herr Postbote“ oder „Geld“ landete Beyer nicht nur auf erklärt abseitigen, internationalen Exotic Beatles-Compilationen, sondern wurde auch von der an nahezu jeder Novität interessierten Do-it-yourself-Wohnzimmer-Szene im Berlin-Mitte der frühen und mittleren Neunziger adoptiert.
Wenn er jetzt seit längerem wieder einmal in Hamburg zu Gast ist, da also, wo man die Band, die sein Leben auszumachen scheint, ja zuerst gehört haben will, hat er längst auch eigene Kompositionen zwischen Beat und – avant la lettre – Bastard-Pop im Programm. Vor kurzem ist Beyer 50 geworden, den Job als Kerzenzieher hängte er vor fünf Jahren an den Nagel. Vielleicht ist es Zeit für die Art Alterswerk, das bei den Beatles nie auf der Tagesordnung stehen konnte. Alexander Diehl
Sonnabend, 22 Uhr, Astra-Stube
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