: „Harter Stoff“
Bremen kam auf der Berlinale nur auf dem Filmmarkt vor
Leider hat Oliver Stone Fidel Castro nicht nach seiner Liebesaffäre mit der Bremer „Mata Hari“ Marita Lorenz gefragt! Zumindest wird der Name Lorenz in dem Dokumentarfilm „Comandante“, den Stone aus den 30 Stunden Filmmaterial seines drei Tage langen Interviews mit dem Kubaner geschnitten hat, nicht erwähnt. Dabei wäre es so ein schöner „Bremenbezug“ gewesen. Und Oliver Stone ist ja immerhin ein alter Freund von Marita, wie man Wilfried Huismanns Film „Lieber Fidel“ entnehmen kann. Dieser wurde auf dem Filmmarkt der Berlinale noch nach Norwegen verkauft, so Detlev Ziegert von der Bremer Produktionsfirma „Surfilm“.
Nur auf dem Filmmarkt tauchten in diesem Jahr Filme aus Bremen auf. Letztes Jahr war das noch ganz anders, da wurden drei Filme im offiziellen Programm gezeigt, die zumindest unter Mitwirkung von Bremern produziert wurden. Huismanns neuer Dokumentarfilm „Des Teufels Lehrling“ über Mickael Suphi, der vom türkischen Geheimdienst zum Folterer ausgebildet wird (die taz berichtete), wurde von den Kaufleuten auf dem Filmmarkt als interessanter, aber schwer verkäuflicher „harter Stoff“ eingestuft. Ein Arte-Redakteur hat immerhin eine „Absichtserklärung“ unterschrieben.
Für den von Surfilm mitproduzierten mexikanisch/deutschen Film „Francesa“, der im letzten Jahr im Panorama lief, wurde ein Vertrag mit einem Verleiher aus Australien unterzeichnet. Detlev Ziegert kann also halbwegs zufrieden sein.
Stürmisch umjubelt wurde im letzten Jahr „Verrückt nach Paris“ in der Reihe „Perspektive Deutsches Kino“. Inzwischen haben über 110.000 Kinobesucher den Film gesehen, davon knapp 30.000 in dem Bremer Kinos. Mit Publikumspreisen verwöhnt, wurde er auf dem Filmmarkt von den internationalen Verleihern und TV-Redakteuren nüchtern begutachtet. Regisseur Eike Besuden erzählt, dass Verleiher aus der Schweiz und Österreich interessiert sind und der Film seltsamerweise nach Mexiko verkauft wurde. Eine spanische Synchronfassung wird entstehen, in der der Film sich auch in andere lateinamerikanische Länder importieren lassen wird.
Das war es aber auch schon mit den Bremern auf der Berlinale. Aber es gibt Hoffnung für das nächste Jahr: Leander Haußmann will den Roman „Herr Lehmann“ von Sven Regener verfilmen und damit bis zur nächsten Berlinale fertig werden. Die Geschichte handelt zwar von Kreuzberger Nächten, aber Autor Regener ist nicht nur in Bremen aufgewachsen, auch seine Romanfigur stammt aus Bremen und hat dorthin noch starke Bindungen. Wenn der Film halbwegs werktreu inszeniert wird, dann müssen darin einfach auch die hochkomischen Telefongespräche des Herrn Lehmann mit seiner typisch hanseatischen Mutti auftauchen – und die sind gespickt mit Namen wie „Sebaldsbrück“, „Arsten“ und „Erdbeerbrücke“.
Wilfried Hippen