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Harald Keller Der WochenendkrimiRoland Emmerich besetzt das Weiße Haus mit einem bodenständigen Präsidenten

Bizepswunder Channing Tatum spielt neben Jamie Foxx in diesem Terror-Thriller Foto: TVnow

Als Roland Emmerichs Tricktechniker seinerzeit für „Independence Day“ das Weiße Haus zerdepperten, geriet das so imposant, dass die kurze Szene separiert und zu Werbezwecken vorausgeschickt wurde. Ein Energiestrahl aus einem außerirdischen Raumschiff, schon wird an der Pennsylvania Avenue 1600 ein Bauplatz frei. Spannender wäre es, muss sich Drehbuchautor James Vanderbilt gedacht haben, das Weiße Haus Stück für Stück zu zerlegen. Der einschlägig erfahrene Emmerich bekam den Auftrag, die Abbrucharbeiten zu organisieren. Nun begab es sich, dass die Produktionsfirma Millennium Films zeitgleich an einem sehr ähnlichen Stoff werkelte. Antoine Fuquas „Olympus Has Fallen“ kam prompt drei Monate früher in die US-Kinos. Columbia hatte mit „White House Down“ das Nachsehen.

Beide Filme bieten standesgemäßen Radau. Das Weiße Haus wird jeweils Ziel terroristischer Überfälle. Ein wackerer Außenstehender mischt sich ein und stört die Angreifer bei der Arbeit. So weit, so „Stirb langsam“. Der direkte Vergleich zeigt, dass Vanderbilt und Emmerich ihr Genreprodukt gescheiter zu garnieren wussten. Markant der Unterschied in den politischen Verhältnissen: Bei Fuqua stürmen Nordkoreaner das Weiße Haus, um eine Invasion Südkoreas vorzubereiten. Bei Emmerich plant der US-Präsident eine Entmilitarisierung des Nahen Ostens. Das mögen die Sturköpfe des militärisch-industriellen Komplexes gar nicht. Die Attacke kommt also von innen.

In der Präsidentenrolle stehen sich Aaron Eckhart (Fuqua) und Jamie Foxx (Emmerich) gegenüber. Foxx, mit dramatischen Rollen bekannt geworden, begann seine Karriere als Bühnenkomiker, war Ensemblemitglied der Sketchshow „In Living Color“ und Miterfinder und Hauptdarsteller der Sitcom „The Jamie Foxx Show“. Unter Emmerich kann Foxx sein komödiantisches Talent in den Präsidentenpart einbringen. Der Aushebelung seiner Amtsgewalt, dem von den Besetzern provozierten Krieg tritt er der politischen Räson wegen kraftvoll entgegen. Richtig sauer aber wird er, als bei den Abwehrhandlungen seine weißen Turnschuhe Schaden zu nehmen drohen. Da gibt sich der Führer der freien Welt ganz unpräsidial, da kommt der Straßenjunge in ihm durch, jemand, der den Wert solchen Schuhwerks zu schätzen weiß. Gedankenstrich: Kann man sich eine Trump-Type vorstellen, die einen Terroristen umhaut, weil sie sich um ihre teuren Sneakers sorgt?

„White House Down“, So., 20.15 Uhr, RTL

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