piwik no script img

Harald Keller Der WochenendkrimiMit geschärften Sinnen:Ein erblindeter Ex-Kommissar im Sadokrimi

Wer hat seine Frau umgebracht? Alexander Haller (Philipp Hochmair) ermittelt in Wien Foto: ARD

Diese Szene wird den Wiener Ermittler Alexander Haller noch lange belasten: eine Sonnenbrille, darin spiegelt sich das Bild seiner Lebensgefährtin Kara Hoffmann (Anna Rot), die sich in schnellen Schritten nähert. In einer romantischen Geste schenkt Haller (Philipp Hochmair) ihr einen Schlüssel. Zu welchem Schloss der passt, will er noch nicht verraten und bittet sie erst mal, in ein Auto zu steigen. Dann sieht er in der Ferne ein bekanntes Gesicht – seinen Erzfeind Udo Strasser. Haller läuft ein paar Schritte auf ihn zu. Als er sich umdreht, lächelt Kara ihn an. Es ist das Letzte, was er von seiner Frau sehen wird.

Zwei Jahre später gehört die Sonnenbrille zu Hallers ständigen Accessoires – sie tarnt seine erblindeten Augen. Bei einem Sprengstoffanschlag hat er nicht nur sein Augenlicht und seinen Job, sondern auch seine Frau verloren. Darüber kommt er nicht hinweg: Eines Abends lässt sich Haller von Taxifahrer Nikolai Falk (Andreas Guenther) aus der Stadt hinaus auf eine Anhöhe fahren, in der Absicht, sich zu entleiben. Falk rettet ihn und eine Freundschaft beginnt. Da ist dann auch wieder dieser Schlüssel aus der Eingangssequenz. Er gehört zu einem schmucken VW Karmann Ghia.

Den Boxermotor im Rücken, kullern die beiden durch ihren ersten gemeinsamen Fall: Strasser ist aus der Haft ausgebüchst und taucht ausgerechnet bei Haller auf, um ihn wissen zu lassen, dass er nicht Karas Mörder sei. Der geistere noch irgendwo durch Wien. Das klingt in den seit dem Anschlag geschärften Ohren Hallers so glaubwürdig, dass er wieder ermittelt. Denn er möchte den Mord an seiner Geliebten vergolten wissen.

Regisseur Jano Ben Chaabane wechselte mit der Serie „Culpa – Niemand ist ohne Schuld“ vom Unterhaltungs- zum Erzählfernsehen und hinterließ Eindruck. Den Film „Blind ermittelt“, der bei Erfolg eine Reihe einleiten könnte, hat er mit teilweise gleichem Team realisiert. Sehr bildstark, aber nicht manieriert, sondern mit Aussagewert.

Geschrieben wurde der Wien-Krimi von Ralph Werner und Don Schubert, deren Fall dann teils scharf in Richtung skandinavischer Sadokrimis tendiert. Was, sofern es Fortsetzungen gibt, hoffentlich nicht zum Merkmal der Reihe wird. Sonst fühlen sich die Macher womöglich herausgefordert, sich selbst übertrumpfen zu müssen. Dann wäre es vorbei mit dem morbid-romantischen Charme, welcher der Auftaktfolge zu einer Bewertung über dem Durchschnitt verhilft.

„Blind ermittelt: Die Toten Mädchen von Wien“, Sa., 20.15 Uhr, ARD

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen