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Harald Keller Der Wochenendkrimi Eastwood entert den Eiger

Clint Eastwood erklimmt den Eiger Foto: MDR

Die Eröffnungssequenz sagt viel über die siebziger Jahre und deren Kino aus: Ein Mann auf den Straßen von Zürich, ganz harmlos, und doch vermittelt die Kamera ein Klima unterschwelliger Unsicherheit und steter Bedrohung, das zu Zeiten des Kalten Krieges viele Agentenfilme prägte. Clint Eastwoods „Im Auftrag des Drachen“ zählt dazu. Trevanians Romanvorlage „The Eiger Sanction“ hatte parodistische Züge; Eastwood und seine Autoren spielen diesen Aspekt herunter.

Eastwood verkörpert den Kunstprofessor Hemlock, der ehedem für eine geheime US-Regierungsorganisation Fememorde verübte, um sich den Kauf kostbarer Kunstwerke leisten zu können. Für seinen Auftraggeber, den „Drachen“, und dessen schmierige Schergen hat Hemlock nur Verachtung übrig.

Doch der „Drache“ erzwingt einen letzten Job, denn Hemlock verfügt über bergsteigerische Fähigkeiten. Die sind unabdingbar, da der zu erledigende gegnerische Agent als Mitglied einer Seilschaft (den Teamführer spielt der Deutsche Reiner Schöne) den Berg Eiger bezwingen will. Dumm nur, dass die Identität des Mannes noch nicht ermittelt werden konnte.

„Im Auftrag des Drachen“ verbindet Clint Eastwood das Rowdytum aus „Coogan‘s großer Bluff“ mit der Sophistication, mit der Eastwood 1971 sein damaliges Publikum in „Play Misty For Me“ verblüffte. Was dort der Jazz, ist im „Drachen“ die Kunst. Dazu kommt die erwachsene Haltung, die sich unter anderem in Hemlocks Umgang mit Frauen zeigt. Er behandelt, anders als dieser ewig knäbische Bond-Lümmel, seine Partnerinnen bei aller zeittypischen Libertinage nicht als Wegwerfobjekte.

Respekt erweist Eastwood auch dem Publikum: Die atemberaubenden Kraxeleien erledigte der Meister selbst. Wenn die Kamera ihn und George Kennedy im Navajo-Land auf einem Tafelberg zeigt, dann stehen beide wirklich dort oben. Die Versicherungsburschen müssen schweißnasse Hände gehabt haben.

„Im Auftrag des Drachen“, Samstag, MDR, 0.20 Uhr

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