Hannover 96-Trainer Mirko Slomka: Plötzlicher Karriereschub
Am Freitag spielt Hannover 96 gegen den VfB Stuttgart. Hannovers Trainer Mirko Slomka ist derzeit der perfekte Beleg für die Schnelllebigkeit des bezahlten Fußballs.
HANNOVER taz | Sie haben es mit so vielen versucht. Mit Ewald Lienen, dem Akribischen. Mit Peter Neururer, dem Sprücheklopfer. Oder auch mit Dieter Hecking, dem Nörgeligen. Dass sich Hannover 96 den Ruf erworben hat, seine Trainerbank zum Schleuderstuhl umfunktioniert zu haben, lässt den Wunsch nach kontinuierlicher Arbeit wachsen.
Es gilt als beschlossene Sache, dass Mirko Slomka als zehnter 96-Trainer innerhalb von zehn Jahren auf eine längerfristige Beschäftigung hoffen darf. "Wir haben sein Wort", sagt Klubchef Martin Kind vorm heutigen Heimspiel (20.30 Uhr) gegen den VfB Stuttgart. Angesichts des Höhenfluges der Niedersachsen soll Slomka längerfristig bleiben.
Die Entwicklung bei Hannover 96, im Mai noch knapp dem Abstieg entronnen, kommt wie der perfekte Beleg für die Schnelllebigkeit des bezahlten Fußballs daher. Vor der Saison hatte Präsident Kind sein Führungspersonal, dem er nur ein sehr schmales Budget für neue Spieler zugestehen wollte, noch an dessen Pflichten erinnern müssen. Slomka und Sportdirektor Jörg Schmadtke waren mehr damit beschäftigt, sich gegenseitig zu beharken als produktiv zu arbeiten.
Das Duo harmonisierte nur dann, wenn es die katastrophalen Rahmenbedingungen der "Roten" zu beklagen galt. Dass Kind jetzt einen Trainer an seinen Verein binden will, den er angesichts von erschreckend vielen Niederlagen zu dessen Amtsantritt noch kritisch betrachtet hat, kommt einer kompletten Kehrtwendung gleich.
Angesichts des besten Saisonstarts kann Slomka das Werben um seine Person sichtlich genießen. "Warum sollte ich nicht hier bleiben? Wir richten diesen Verein hier neu aus und haben gerade erst damit angefangen", findet der 43-Jährige, der sich bei den Verhandlungen bezüglich seiner Gehaltsaufstockung von Harun Arslan beraten lässt.
Der Türke, der sich auch um das Geschäftliche von Bundestrainer Joachim Löw kümmert, lebt in Hannover. Und der bevorstehende Gehaltspoker für einen Trainer, den Kind Anfang des Jahres voller Skepsis erst einmal nur bis zum Ende der Spielzeit 2010/11 beschäftigen mochte, hat neue Kraftverhältnisse als Grundlage.
Aus Slomka, dem fast zwei Jahre lang arbeitslosen und zunächst in Hannover nur geduldeten Trainer, ist ein begehrter Mann geworden, der auf seinen Karriereknick eine erstaunliche Antwort gefunden hat. "Wir machen hier sehr gute Arbeit. Und der Trainer weiß ganz genau, was er will", sagt 96-Kapitän Steven Cherundolo über Slomka, der nach dem Selbstmord von Torhüter Robert Enke vor einen Jahr eine völlig verunsicherte Mannschaft übernommen hatte.
Die Debatte darüber, wann und wie es in Hannover den ersten Lorbeer für beachtliche 28 Punkte nach 15 Spieltagen zu ernten gibt, ist eng mit der Personalie Slomka verbunden. "Euphorie ist kein guter Berater", antwortet Sportdirektor Schmadtke gerne auf die Frage, warum er im Auftrag von Klubchef Kind fast alle Vertragsgespräche mit Spielern auf das neue Jahr verschoben hat.
Im Fall eines Torjägers wie Didier Ya Konan, der sich in kürzester Zeit vom Schnäppchen zum Juwel entwickelt hat, ist das eine gefährliche Taktik. Aber die zentrale Frage bleibt, wann und zu welchen Konditionen die Arbeitsverträge der sportlichen Leitung verlängert werden. "Ich habe keine Eile", versichert Schmadtke, dessen Vertrag im Februar 2012 ausläuft. Der 46-Jährige gilt als enger Vertrauter von Kind und hat den Beweis angetreten, dass sich auch aus minimalen Möglichkeiten eine Menge machen lässt.
Noch im Sommer war der ehrgeizige Trainer der Meinung, dass sich ein Verein wie Hannover 96 nicht kleiner mache müsse als er ist und dass sich Schmadtke auch mal um einen hochkarätigen Profi wie Nationalspieler Piotr Trochowski bemühen könne. Bei den Reibereien zwischen Trainer und Sportdirektor stand diese Forderung Modell dafür, in welchen Kategorien Slomka denkt. Er mag es gerne publikumswirksam.
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