Hannah Eberle zum Bildungsstreik: "Streik verbindet mehr als Sozialkunde"
Bis zu 150.000 SchülerInnen und Studis wollen in dieser Woche auf die Straße gehen. Hannah Eberle ist eine davon. Sie findet: Der Leistungsdruck an den Schulen nimmt immer mehr zu.
Hannah Eberle. Die 18-Jährige hat gerade ihr Abitur gemacht. Sie ist Hauptinitiatorin des Bildungsstreiks von SchülerInnen und StudentInnen in der baden-württembergischen Unistadt Heidelberg.
taz: Frau Eberle, Schüler und Studenten protestieren erstmals seit langem wieder gemeinsam. Aber ist das auch argumentativ sinnvoll?
Hannah Eberle: Na klar. Studierende legen den Schwerpunkt ihres Protests auf den Bologna-Prozess und die damit einhergehende Einführung von Bachelor und Master. Uns Schüler wurmt vor allem das G8, also der verkürzte gymnasiale Bildungsgang, bei dem das Gymnasium in 8 statt bisher 9 Jahren durchlaufen wird. Letztendlich soll an den Schulen der gleiche hohe Leistungsdruck entstehen wie an den Universitäten. Deswegen macht unser gemeinsamer Protest schon Sinn.
Was konkret stört Sie an der Schule?
Ich persönlich habe vor allem ein Problem mit der fehlenden Mitbestimmung. Dazu gehört für mich, Demokratie zu lehren, aber auch, dass wir Schüler das Gelernte auch anwenden können. Wir werden häufig bei Entscheidungen, die uns betreffen und wozu wir auch eine Meinung haben, nicht eingebunden.
Aber ist die mangelnde Mitbestimmung wirklich das Thema, das die Schülerschaft heutzutage interessiert? An vielen Schulen sind die Schülervertretungen nicht einmal besetzt.
Das stimmt. Aber ich führe das darauf zurück, dass vielen nicht klar ist, was demokratische Mitbestimmung im unmittelbaren Alltag alles bewirken könnte. Ich merke das ja dort, wo Schüler beteiligt sind. Plötzlich ist das soziale Engagement da. Aber dafür müssen die Strukturen auch gegeben sein. Wenn die Schulleitung den Schülervertretungen jahrelang vorschreibt, was wir alles nicht dürfen, dann darf sich niemand wundern, warum wir Schüler resignieren.
Ist Streik wirklich die angemessene Protestform? Der Verdacht liegt nahe, dass die SchülerInnen einfach ein bisschen frei machen wollen.
Der Streik ist eine sehr gute Form, um zu zeigen: Ich traue mich zu sagen, was mir nicht passt und dass ich diese Bildung bestreike. Man darf auch nicht unterschätzen, wie sehr ein Streik verbindet. Und zwar viel mehr, als wenn mal ein Vortrag stattfindet oder im Sozialkundeunterricht darüber diskutiert wird.
Mit wie vielen SchülerInnen Ihrer Schule rechnen Sie beim Bildungsstreik?
30 bis 40 Prozent werden bestimmt dabei sein.
INTERVIEW: FELIX LEE
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