Handy-Messe in Barcelona: Kampf um die mobile Dominanz
Auf dem Mobile World Congress dominierten dieses Jahr Microsoft und Nokia - vor allem auch, weil Apple einmal mehr mit seinem iPhone zuhause blieb.
Bunt und laut geht es auf dem Mobile World Congress (MWC) in Barcelona üblicherweise zu: Die weltgrößte Handy-Fachmesse ist ein Fest für Freunde der Drahtlostechnik für die Hosentasche. In diesem Jahr war die Stimmung allerdings gedämpfter: Die Wirtschaftskrise schlägt sich auch auf die erfolgsverwöhnte Branche durch, die seit kurzem eine Marktsättigung oder gar Absatzrückgänge verzeichnen muss.
Einmal mehr schien über der Veranstaltung in Barcelona ein Hersteller zu schweben, der auf dem MWC erneut gar nicht anwesend war: Apple und sein iPhone. Der Computerhersteller hat mit seinem Internet-Mobiltelefon inzwischen über 10 Millionen Käufer gewonnen, der passende Software-Laden "App Store" ist mit über 20.000 Anwendungen und 500 Millionen Downloads ein großer Erfolg. Den versuchen die "alten" Handy-Hersteller zu imitieren: Der vom iPhone populär gemachte, per Finger bedienbare Touchscreen ist inzwischen überall Trend, eigene Software-Läden im Handy wollen sowohl Microsoft als auch Nokia und Palm umsetzen.
Microsofts neues Betriebssystem Windows Mobile 6.5, das in Barcelona erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, zeigt deutlich Anlehnungen an Apples iPhone-Oberfläche: Alles ist bunter und fingerbedienbar, die Internet-Nutzung mit Vollbild-Browser verbessert. Allerdings liegt bei Windows Mobile 6.5 noch immer die alte Technik unter dem schicken neuen Interface: Wechselt man etwa in die E-Mail-Applikation, sieht es wieder "wie Windows" aus. Microsoft kann außerdem die so genannte Multitouch-Technik nicht nutzen, bei der man wie beim iPhone Zoombewegungen oder andere Gesten mit zwei Fingern durchführt. Der Grund: Die meisten Windows Mobile-Geräte besitzen keinen dafür geeigneten Touchscreen, weil sie auch für eine Stiftbedienung ausgelegt sind. Außerdem könnte es sein, dass Microsoft entsprechende Patente von Apple für Multitouch fürchtet.
Der iPhone-Hersteller bleibt dem MWC traditionell fern. Deutlich merkwürdiger erschien den anwesenden Experten ein anderer Ausfall: In diesem Jahr wurde zum Start des Kongresses zunächst kein einziges neues Handy mit dem Google-Betriebssystem "Android" vorgestellt. Erst am zweiten Tag gab es vage Andeutungen neuer Geräte von Vodafone und Huawei. Dabei schickt sich die Google-Technik gerade an, die Welt zu erobern, so gilt das nach Amerika jetzt auch in Deutschland erhältliche "T-Mobile G1" vom Hersteller HTC als einer der wenigen ernsthaften Internet-Handy-Konkurrenten für das iPhone. Weder Nokia noch LG oder Sony Ericsson wollen sich bislang auf Android festlegen; Motorola und Samsung haben Geräte auf Basis des Betriebssystems zwar angekündigt, konnten sie aber nicht offiziell zeigen. Selbst "G1"-Bauer HTC konzentrierte sich auf dem MWC vor allem auf Geräte mit der Microsoft-Technik Windows Mobile. So konnte der Softwareriese Barcelona für sich als mobilen Erfolg verbuchen und kostete seine Sonderstellung in Präsentationen auch voll aus. Ob das der Marktstellung gerecht wird, war eine andere Frage.
EU-Industriekommissar Günter Verheugen nutzte das Event in Barcelona unterdessen, ein eigenes Projekt voranzutreiben: Er stört sich am Kabelsalat bei Handys - und deshalb soll nun ein gemeinsamer europaweiter Standard für Ladegeräte her, zu dem man die Hersteller notfalls verpflichten will. "Man kann heute ohne weiteres für Handys aller Art dasselbe Ladegerät benutzen", sagte Verheugen laut der Deutschen Welle. Der Verband der europäischen Informations- und Kommunikationsbranche, EICTA, sieht das allerdings anders: Dort fürchtet man, dass die Batterien und notwendigen Spannungen für die Geräte zu unterschiedlich seien.
Womöglich hinken allerdings sowohl Verheugen als auch der EICTA der Realität hinterher: Der neueste Trend, den man etwa bei Palms neuem iPhone-Konkurrenten "Pre" beobachten kann, geht in eine andere Richtung - das drahtlose Aufladen über Induktion. Da braucht man dann nur noch eine entsprechende Basisstation, auf die man das Handy legt. Allerdings gibt es auch hier noch keine einheitlichen Standards: Mit jedem Modell kommt eine neue, beim Mobiltelefonwechsel kann man die alte Ladeeinheit gleich wegschmeißen.
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