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Handelsabkommen der EUProtektionismus light

Die EU will sich vor chinesischen Investoren schützen, gleichzeitig aber den Freihandel ausweiten. Das erklärte Kommis­sionspräsident Juncker.

Ihr Hersteller wurde von „den Chinesen“ gekauft: Roboter der Augsburger Firma Kuka Foto: reuters

Brüssel taz | Mehr Freihandel, aber auch mehr Schutz vor unerwünschten ausländischen Investoren: Diese Linie hat EU-Kommis­sionspräsident Jean-Claude Juncker bei seiner Rede zur Zukunft der EU vorgegeben. Nun geht es an die Arbeit: Brüssel bringt neue Abkommen mit Australien und Neuseeland auf den Weg – und bremst Übernahmen aus China aus.

„Wir sind keine naiven Freihändler, wir müssen unsere strategischen Interessen verteidigen.“ Mit diesen Worten kündigte Juncker den Schwenk in der Handelspolitik an. Künftig sollen ausländische Investoren überprüft werden, wenn es um sicherheitsrelevante Anlagen wie Häfen, Gasnetze oder Rüstungsfirmen geht.

Juncker folgt damit französischen, aber auch deutschen Wünschen. Beide Länder hatten Druck gemacht, um den angeblich drohenden Ausverkauf an China zu verhindern. Die Volksrepublik wird im Vorschlag der EU-Kommission zwar mit keinem Wort erwähnt. Doch in Brüssel ist auch so allen klar, wer gemeint ist.

Das neue „Screening“ soll allerdings nichts daran ändern, dass die EU „einer der offensten Wirtschaftsräume“ bleibt, beteuerte am Donnerstag Handelskommissarin Cecilia Malmström. Es soll auch kein EU-Land gezwungen werden, sich an dem Schutzmechanismus zu beteiligen. Allerdings will nun auch die Kommission Daten sammeln und Empfehlungen aussprechen.

Gleichzeitig weitet Brüssel die Kampfzone des Freihandels aus. Nach Kanada und Japan sollen nun Abkommen mit Australien und Neuseeland ausgehandelt werden. Mexiko und die südamerikanische Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur stünden auf der Warteliste, sagte Malmström. „Andere Länder ziehen sich zurück, wir schauen uns nach neuen Möglichkeiten um“, sagte sie mit einem Seitenhieb auf die USA.

Klagemöglichkeiten für Konzerne sollen nicht Teil der Handelsabkommen sein

Dabei geht es auch um neue Wege, die nationalen und regio­nalen Parlamente auszuschalten. Malmström möchte vermeiden, dass sich das Debakel vom Ceta-Abkommen mit Kanada wiederholt, das im vergangenen Herbst kurzzeitig von der belgischen Region Wallonie gestoppt worden war. Dafür hat sie sich einen besonderen Trick ausgedacht.

Ab sofort würden Freihandel und Investorenschutz voneinander getrennt, so Malmström. Die Handelsabkommen werden nach dem „EU only“-Verfahren – ohne nationale und regionale Parlamente – beschlossen. Die Klagemöglichkeiten für Investoren sollen anderweitig geregelt werden. Die Kommission forderte die EU-Staaten zu Verhandlungen über einen multilateralen Gerichtshof auf. Das neue Verfahren soll schon bei Australien und Neuseeland angewandt werden.

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4 Kommentare

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  • "Künftig sollen ausländische Investoren überprüft werden, wenn es um sicherheitsrelevante Anlagen wie Häfen, Gasnetze oder Rüstungsfirmen geht."

     

    Damit wäre dann doch auch die Übernahem griechischer Flughäfen und anderer Unternehmen vom Tisch. Für die Griechen ist Fraport doch auch ein ausländischer Investor.

     

    So sieht Protektionismus a la EU aus. Andere Länder werden gezwungen ihre Märkte zu öffnen, wenn aber ein erfolgreiches Land innerhalb der EU Fuß fassen will, dann werden die Schutzzäune hochgezogen.

  • Diese Machtbesessenen Politiker der EU begreifen es nicht!!! Schon bei den Verhandlungen zu CETA und TTIP sind die Menschen in den einzelnen EU Staaten auf die Straße gegangen, damit diverse Themen dieser Verträge transparenter verhandelt werden. Die Menschen wollen nicht, dass über ihre Zukunft Geheim hinter verschlossenen Türen verhandelt wird, sie wollen von Anfang an wissen, was dort Verhandelt wird und welche Konsequenzen sie durch diese Verträge ertragen müssen!

     

    Anstatt nun transparenter für die Öffentlichkeit zu verhandeln, werden Tricks gesucht um dies zu umgehen.

    Die Politiker, wahrscheinlich gefordert durch die Lobbyisten, haben mit dieser Trickserei doch nur damit zu rechnen, dass die einzelnen Völker der EU immer weniger Vertrauen zu dieser Institution haben werden!

     

    Diese, man mag es schon gar nicht mehr anders Sagen, Wirtschaftsschergen dort Oben, glauben tatsächlich der Europäischen Union einen Gefallen zu tun, die Bevölkerung der Mitgliedsstaaten so der Art vor den Kopf zu stoßen, so dass Niemand mehr das geringste Vertrauen in diese Politik der Abschottung vom Volk haben wird.

     

    Geht diese Heimlich Krämerei so weiter, wird Völkern der Mitgliedsstaaten jedwede Mitbestimmung aberkannt.

    Das wird Früher oder Später, ab mit großer Sicherheit, zur Auflösung der EU führen!

    Die Mittelschicht, besonders die untere, ärmere Mittelschicht wird sich eines schönen Tages auf die Populisten einlassen, die ihnen jetzt schon unter die Nase reiben, dass die EU Politik nicht für sie gemacht wird, sondern nur für die Industrie, die Wirtschaft und vor allem für die Banken.

    Warum sollte die Mittelschicht sich weiter für eine Institution der Elitären entscheiden, in dem sie etablierte Parteien wählt, wenn ihnen on den National angehauchten, populistischen Parteien wieder Teilhabe an politischen Entscheidungen versprochen wird???

     

    Die EU wird aus der Mitte der europäischen Bevölkerung her alsbald das Ende finden, welches durch diese Intransparenz so sehr gefördert wird!!!

  • Meines Wissens verlangen die Chinesen schon für den Zugang zu ihrem Markt Technologie- und Know-How-Transfers. Man kann das mittlerweile nicht mal als Entwicklungshilfe betrachten. Wir unterstützen den Aufbau innerhalb von 2-3 Generationen von einem Industriestaat von der Größe EU+EU+USA. Also wird die industrielle und postindustrielle Entwicklung des Westens in 1/4 der Zeit durchlaufen.

    Sobald die Chinesen selber alle Angeln bauen, brauchen sie dann unser Fische nicht mehr.

    • @agerwiese:

      1. Soweit ich weiß zwingt niemand die Firmen auf dem chinesischen Markt aktiv zu werden.

      2. Ein Know-How Transfer findet doch immer statt, wenn man andere Menschen die eigenen Produkte bauen lässt, oder ihnen komplette Fabriken liefert.

      3. Es geht nicht an einerseits auf das Recht des Stärkeren zu setzen, und wenn man das nicht ist nach Schutz zu schreien.