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Hammer und Zirkel

■ betr.: Ostermarsch

Betr.: Ostermarsch

Bei der Abschlußkundgebung des Ostermarsches in Berlin hielt es die Vertretern des Neuen Forums für angebracht, die Berechtigung der PDS in Frage zu stellen, ihren Namen unter den Aufruf zu setzen oder gar mitzumarschieren. Auch wenn man zugesteht, daß es für die Leute vom Neuen Forum eine schwere Enttäuschung ist, daß sich ihr Anteil an der Umgestaltung in der DDR nicht in der Wählergunst widergespiegelt hat, ist dies kein Grund, eine solche Kundgebung zur Ausgrenzung eines relevanten Teils der linken Bewegung zu mißbrauchen. Daß die Pfiffe auf dem Hermannplatz sich mit dem Beifall die Waage hielten, zeigt, daß ich nicht allein so empfinde.

Die jungen Leute, die hier die Fahne der PDS hochgehalten haben und sich trotzig die Flagge mit Hammer und Zirkel um die Schultern schlangen, können nicht für die früheren Zustände verantwortlich sein. Auch nicht die vielen älteren PDS-Mitglieder, die noch innerhalb der alten SED Reformen einleiten wollten, wie sie nun in Programm und Statut der PDS erkennbar sind. Die oft genannten Betriebsdirektoren sind längst ausgetreten, weil die der SED aus demselben Opportunismus angehört haben, mit dem sie sich heute den neuen Herren andienen. Vielleicht werden die Leute vom Neuen Forum auch einmal begreifen, wie sehr das Gesicht der SED von solchen Leuten geprägt worden ist.

Was aber sollte die PDS tun, um in die menschliche Gemeinschaft aufgenommen zu werden? Sie hat sich in Worten und Taten von der alten SED distanziert und gleichzeitig durch ihre Nichtauflösung die Verantwortung übernommen. Aber eine Auflösung hätte nichts genützt, weil man dann mit jedem ehemaligen SED-Mitglied einzeln rechten würde. Eine Neugründung ohne den Ballast der Vergangenheit hätte den Vorwurf der Feigheit und Flucht aus der Verantwortung zur Folge gehabt. Die PDS oder ihre Mitglieder können tun was sie wollen, es wird immer falsch sein. Das läßt befürchten, daß der Antikommunismus tiefer sitzt als bisher angenommen und im real existierenden Sozialismus lediglich ein konkretes, bequem faßbares Objekt gefunden hatte. Das läßt Übles für die Zukunft erwarten, in der es darauf ankommt, gemeinsam gegen Rechts, gegen Nationalismus, Sozialabbau, Aufrüstung und, und, und aktiv zu werden.

Zu den christlichen Tugenden gehört es, einem Sünder die Möglichkeit zu Reue und Buße zu geben, ja, mehr noch: die Fehlgeleiteten dabei zu unterstützen, auf den rechten Weg zurückzufinden. Gerade zu Ostern sollte man sich daran erinnern, daß Jesus seinen Peinigern ebenso vergeben hat wie denen, die ihn verraten haben. Die unversöhnliche Rache blieb dem Gott des Alten Testaments vorbehalten. Vielleicht ringt sich auch das Neue Forum dazu durch, einen Neuen Bund zu schließen.

Mit freundlichen Grüßen

Roland Schnell

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