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Hamm-Brücher soll Heitmann verhindern

■ FDP nominiert Alt-Liberale CDU marschiert fest für Kandidat Heitmann

Berlin (taz/AFP/dpa) – Eine Koalition, aber zwei Kandidaten für das höchste Amt im Staat: Seit gestern steht fest, daß die FDP die weithin geachtete Liberale Hildegard Hamm-Brücher als Bundespräsidentin vorschlägt, die Union aber am vielfach umstrittenen Steffen Heitmann festhält. Nach einer FDP-Präsidiumssitzung sagte der Parteivorsitzende Kinkel, Hamm-Brücher sei „mehr als eine Zählkandidatin“. Das Präsidium unterstütze eine Kandidatur einstimmig, und er habe keinen Zweifel, daß der „Kleine Parteitag“ der FDP am nächsten Wochenende dem Vorschlag mit breiter Mehrheit zustimmen werde. Obwohl Kinkel Hamm-Brücher als „aus unserer Sicht geradezu ideal“ pries, betonte er, nach wie vor „wünschenswert“ sei aber für ihn ein parteiübergreifender Kandidat. Macht nun diese Bemerkung die 72jährige ehemalige Staatsministerin im Auswärtigen Amt – die für linke Positionen innerhalb der FDP stand, aber bei der Koalitionswende der Liberalen von SPD zu CDU 1982 im Gegensatz zu vielen anderen vom linken Flügel den Schwenk mitmachte – doch zu einer Zählkandidatin?

Der große Koalitionspartner, die CDU, wies Kinkels Wunsch nach einem von allen Parteien getragenen Kandidaten entschieden ab. Der Mann der CDU fürs höchste Amt sei und bleibe Heitmann; jeder Versuch, die Union von ihm abzubringen, „ergebe keinen Sinn“, erklärte Generalsekretär Hintze nach einer Sitzung des Parteipräsidiums. Auf dieser Sitzung waren Heitmann-Kritiker wie der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Geißler und der Bundestagsabgeordnete Pflüger gerüffelt worden. „Einhellig“ stellte sich die Parteispitze hinter den sächsischen Justizminister – ohne indes eine formelle Abstimmung zu riskieren.

Kritik wie diejenige des Auschwitzkomitees, das gestern sein „Bangen und Sorgen“ formulierte, wenn „ein Mann, der dafür eintritt, daß endlich ein Schlußstrich unter Auschwitz und die Schuld der Deutschen gezogen wird“, als Nachfolger Weizsäckers amtiert, wischte Hintze souverän vom Tisch: Heitmann sei „hervorragend geeignet“, das wiedervereinigte Deutschland zu repräsentieren. Jetzt sei es Sache der Union, die „Dominanz der Zerrbilder liebevoll zu überwinden“. Ein letzter Trost von Hintze: Wenn Heitmann erst einmal gewählt sei, werde er schon noch von der Sympathie der Bevölkerung getragen. Aber soweit muß es ja nicht kommen.

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