piwik no script img

Hamburgs CDU dreht aufSchills Schatten

Wie 2001 droht die Innere Sicherheit zum Hauptthema im Hamburger Wahlkampf zu werden.

In Angriffslaune: CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der Wahlkampf für die nächste Bürgerschaft hat begonnen. Mit einer Debatte über alles Mögliche, was unter das Etikett „innere Sicherheit“ fallen könnte, eröffnete die CDU am Mittwoch in der Bürgerschaft das Feuer auf alles, was ihr unlieb ist: die Lampedusa-Gruppe, unangemeldete Demos, Farbanschläge auf Büros von Abgeordneten, das Camp von Armutsflüchtlingen aus Rumänien und Bulgarien am Nobistor. Immer verbunden mit der Behauptung, dass der SPD-Senat die Lage nicht im Griff habe.

Die innere Sicherheit wird erkennbar – wie der unselige Kreuzzug gegen angeblich „rechtsfreie Räume“ des gnadenlosen Richters Schill 2001 – eines der Hauptthemen im Wahlkampf werden.

Die Politik dürfe „nicht dem Druck der Straße nachgeben“, forderte CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich. Die Sitzdemo von Lampedusa-Flüchtlingen vor zwei Wochen auf dem Rathausmarkt sei „eine gezielte Provokation von Extremisten“ gewesen. Grüne und Linke, die die Lampedusa-Flüchtlinge unterstützen, ließen sich „von Linksextremisten missbrauchen“.

SPD-Fraktionschef Andreas Dressel sieht es genau andersherum: Die sogenannten Unterstützer missbrauchten „die Lampedusa-Gruppe für politische Zwecke“. Gewalttäter würden mit Farbanschlägen auf Abgeordnetenbüros „den Flüchtlingen einen Bärendienst erweisen“.

Grüne, Linke und auch die FDP warfen der CDU in der teils polemisch geführten Debatte vor, unzulässigerweise verschiedene Themen in einen Topf zu werfen. Die Union versuche sich als Law-and-Order-Truppe aufzuspielen. Die CDU bausche Probleme auf, Grüne und Linke verniedlichten sie, und der Senat tue gar nichts, behauptete Finn-Ole Ritter (FDP).

„Demagogie“ warfen hingegen mehrere RednerInnen von Grünen und Linken der CDU und auch der SPD vor. „Was haben die Camper am Nobistor mit Anschlägen auf SPD-Büros zu tun?“, fragte Norbert Hackbusch (Die Linke), der sich aber dennoch genötigt sah, sich von Gewalttätern zu distanzieren: „Das lehnen wir ab.“ Die CDU wolle sozialpolitische Themen zu ordnungspolitischen Problemen machen, befand Cansu Özdemir (Die Linke), Damit schüre sie Ängste und Ressentiments.

Innensenator Michael Neumann (SPD) versicherte, er wolle ein buntes und ein gerechtes Hamburg: „Wir sollten Wellingsbüttel und die Schanze gleichermaßen ertragen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

4 Kommentare

 / 
  • Falsch, Herr Neumann. Gewaltakte und Rechtsbrüche muss ich als Einwohner nicht ertragen. Ich erwarte vom Innensenator, dass er dafür sorgt, dass die Bank in der Schanze nicht alle drei Monate verwüstet wird und dass ein BVV-Abgeordneter nicht um seine Gesundheit oder die seiner Familie bangen muss. Das ist inakzeptabel, das DARF Hamburg nicht ertragen, Herr Senator.

    • @Horst Meier:

      Lieber Horst Meier,

       

      in Hamburg gibt es keine BVV. Schönen Gruß nach Berlin. ;-)

       

      Zum Thema: Es ist wirklich amüsant, wie sich Wersich bemüht. Bloß weiß er selbst, daß seine Partei über Jahre in all diesen Themen gar nichts machte und selbst einstige "Kernthemen" der CDU (Verkehr, Bildung, Wirtschaft, ...) längst verloren hat. Die SPD wurde da ja nicht kompetenter, aber verlor eben nicht zahlreiche Politiker, die da Ahnung hatten. So wird das nichts. Die CDU wird eine 20%-Randgruppe bleiben. Frage wird da nur, mit wem die SPD koaliert, falls es nicht reicht. Bei den ganzen personenbezogenen Giftattacken, was lange das Einzige von Wersich war, dürfte sich das Berliner Modell damit erledigt haben. Wird dann wohl Rot-Grün, auch wenn es unbequem ist.

      • @Verkehrsfritze:

        B und H liegt auf der Computer Tastatur übereinander. Da es hier ja keine Editfunktion gibt kann Herr Meyer seine Beiträge ja nicht überarbeiten. In Berlin heißt es BVB

        Berliner Verkehrsbetrieb, in Hamburg

        HVV Hamburger Verkehrsverbund.

         

        Übrigens ist es egal wer die Stadt oder den Senat regiert wenn die Bürger fest stellen das ihre Sicherheit nicht gewährleistet ist ist ganz schnell Feierabend im Schacht. Oder Abwahl.

        Und davor fürchten sich Berufspolitiker am meisten, in der Bedeutungslosikkeit zu verschwinden egal von welcher Partei. Der Bürger ist nur das notwendige Übel.

        Aber alle 4/6 Jahre da kann man sie malrichtig ittern lassen.

        • @Leserin1:

          Liebe (?) Leser1, der Smiley war nicht grundlos eingesetzt von mir. Und es ging nur darum, daß wir in Hamburg von Bezirksversammlungen (BV) reden und nicht von Bezirksverordnetenversammlung (BVV) wie in Berlin. Die BVG (nicht BVB) ist auch eher das Pendant zur Hochbahn, während der Tarifverbund dort VBB heißt und dann in der Tat das wäre, was bei uns der HVV ist. Aber sei es drum. Alles sutsche. :-)