Hamburger Szene von Petra Schellen: Und die Polizei lacht sich kaputt
Eigentlich dachte ich, Hamburgs Polizei kenne inzwischen die Instrumente der Demokratie. Ich dachte, sie belege Interkulturell-Schulungen und Deeskalations-Trainings und tue überhaupt (fast) alles, um nach dem Schanzenviertel-Nicht-Einsatz beim G20-Gipfel wieder beliebter zu werden.
Aber, anscheinend: Es gibt da noch Lücken. Die kann man zum Beispiel dann erleben, wenn man nichtsahnend am Montagabend versucht, in die Innenstadt zu kommen, weil man vergaß, dass da Montags-Demo ist. Sehr, sehr weiträumig hatte die Polizei auch am vergangenen Montag die Innenstadt abgesperrt, die Stadt war ein einziger Stau. Die Busse fuhren nach Lust und Laune, HVV-Informationen gab es nicht, es hatte gefälligst jeder selbst zu wissen, welche Demo gerade mal wieder wo entlang lief.
Und so kam es, dass ich am vergangenen Montag, da nach der Arbeit am Betreten der Innenstadt und am Busfahren gehindert, lustlos zwischen Musikhalle und Messehallen umherwanderte, von gereizten Autofahrern und Fußgängern umgeben, und es war kein großes Vergnügen.
Das war es aber durchaus für die überall massig anwesenden Polizisten. Die waren ja jetzt Herr über das Geschehen, lümmelten betont lässig an ihren Autos und sahen genüsslich den verzweifelten Pendlern zu.
Und wie ich da so wandere, sehe ich zwei Polizisten an der Ecke Holstenglacis/Jungiusstraße stehen, den Weg absperrend, und sie erzählen sich was. „Ich bedeute dem weiterzufahren, da sagt der, üch bün von der Prääässeee!“, gluckst der eine. „Na, dem habe ich es aber gegeben!“ Sein Kollege findet die Geschichte saukomisch, und peinlich ist es ihnen auch nicht, sonst hätten sie nicht gleich danach einen ortsfremden Autofahrer mit den Worten „Da lang!“ abgefertigt, barsch und ohne Erklärung.
In solchen Momenten frage ich mich, ob diese Institution nicht doch in der Antike stecken geblieben ist, wo nicht der Übeltäter das Problem war, sondern der Überbringer der schlechten Nachricht, der Rechercheur, der Augenzeuge und Journalist. Aber vielleicht war das da am Holstenglacis ja ein Aushilfspolizist. Der wird schnell nachgeschult, und alles ist wieder gut.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen