Hamburger Schulstreit: SPD will sich mit Konsens retten

Die angeschlagene Hamburger SPD will für den Schulfrieden in der Hansestadt kämpfen - und so nebenbei wieder für die Wähler attraktiv werden.

Meldung von hinten: Die SPD will sich für eine Einigung einsetzen. Bild: dpa

Für Olaf Scholz ist die Richtung klar: "Wir wollen uns verständigen", stellt der Landesvorsitzende der Hamburger SPD klar. Die Stadt brauche nun einen "Konsens über das künftige Schulsystem, der länger als eine Legislaturperiode" halte, so Scholz im Gespräch mit der taz. Die SPD sei für eine Lösung, "die mindestens zehn Jahre lang und auch bei einem Regierungswechsel Bestand hat." Der stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD und ehemalige Bundesarbeitsminister ist seit November Parteichef in Hamburg und soll die seit dem Stimmzettelklau vor drei Jahren zerstrittenen Genossen wieder befrieden. Eine führende Rolle von Partei und Parteichef bei der Findung eines Hamburger Bildungskonsens wäre da ein Geschenk des Himmels.

Denn am Mittwoch scheiterten die Verhandlungen zwischen der schwarz-grünen Koalition in der Hansestadt und der Volksinitiative gegen die geplante Primarschulreform, die bereits zum Schuljahresbeginn im August umgesetzt werden sollte. Nun steht im Juli ein Volksentscheid über das Für und Wider des längeren gemeinsamen Lernens bevor - und Hamburgs affärengeplagte SPD sieht die Chance, durch staatsmännisches Handeln "zum Wohle der Schüler und Eltern" für WählerInnen wieder attraktiv zu werden.

Ein bildungspolitischer Konsens von CDU und Grünen mit SPD und Linken in der Bürgerschaft wäre ein gewichtiges Argument bei dem Referendum. Zudem würden große Teile der Hamburger Gewerkschaften mit eingebunden. Der DGB-Vorsitzende Uwe Grund und Wolfgang Rose, Chef der mächtigen Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, sitzen für die SPD in Landesvorstand und Landesparlament, die Chefin der IG Metall Küste, Jutta Blankau, war lange Jahre SPD-Vize in Hamburg. Und Klaus Bullan, Vorsitzender der Lehrergewerkschaft GEW, ist ein einflussreiches Mitglied der Hamburger Linkspartei

Beim Volksbegehren der Primarschulgegner, das im November mit 184.000 Stimmen unerwartet großen Erfolg hatte, hatten SPD, Linkspartei und Gewerkschaften sich mit der Rolle der interessierten Beobachter begnügt. Gegen sie würde Schwarz-Grün den Volksentscheid kaum gewinnen können, mit ihnen allerdings sehr wohl.

Und deshalb werden rasch intensive Gespräche zwischen den vier Parteien aufgenommen werden. "Wenn es CDU und Grünen um Bildungsgerechtigkeit geht, werden wir unseren Beitrag leisten", verspricht die linke Fraktionsvorsitzende Dora Heyenn: "Wir tun alles dafür, dass der Volksentscheid scheitert." Scholz kündigt an, "Vorschläge für eine bessere Reform zu machen".

In den letzten zwei Jahren hatte die SPD in der Hamburger Bürgerschaft vor allem gegen die Primarschulreform polemisiert, wie CDU und Grüne sie im Koalitionsvertrag vereinbart hatten. Sie forderten den ungeschmälerten Erhalt aller Gymnasien - obwohl die niemand hatte abschaffen wollen. Außerdem plädierte die SPD für das volle Elternwahlrecht. Nach den Plänen der grünen Schulsenatorin Christa Goetsch sollten nach der sechsten Klasse die Lehrer - und nicht die Eltern - entscheiden, ob ein Kind aufs Gymnasium oder auf eine Stadtteilschule kommt.

Dieses Elternwahlrecht, auch von der Volksinitiative gefordert, ist für die SPD nicht verhandelbar. Schwarz-Grün hat es bereits akzeptiert und in einer Änderung des Schulgesetzes eingearbeitet, die CDU und Grüne am Donnerstag vorstellten. Zudem besteht die SPD auf einer besseren Ausstattung der Stadtteilschulen und "einigen weiteren Punkten", über die Scholz aber nicht vorab öffentlich reden will, um die Gespräche nicht zu belasten: "Wir wollen ja den Erfolg."

Für die Schulen. Und die SPD.

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