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Hamburger Polizeiskandal

Rassismus und Scheinhinrichtungen, ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß, rund 130 Ermittlungsverfahren und bislang zwei abgeschlossene Prozesse. Der Hamburger Polizeiskandal hat viele Facetten, aber wenig Erfreuliches. Am 11. 9. 94 trat Hamburgs SPD-Innensenator Werner Hackmann zurück, weil er ausländerfeindliche Tendenzen in der Polizei nicht länger verantworten wollte.

Drei Tage zuvor kam durch eine Veröffentlichung in der taz Hamburg der Stein ins Rollen: Der Senegalese Dialle D. war wegen eines antifaschistischen Aufnähers von zwei betrunkenen Hamburger Polizisten verprügelt worden; Polizeiführung und Staatsanwaltschaft hatten den Fall monatelang vertuscht. Nach Hackmanns Rücktritt bröckelte das Schweigen. Rund 130 Anzeigen gegen Hamburger Polizisten, die von der Staatsanwaltschaft bereits eingestellt worden waren, mußten neu aufgerollt werden. Ein Beamter stellte sich als Kronzeuge zur Verfügung. Vor dem im November 94 eingerichteten Untersuchungsausschuß belastete der Polizist etliche Kollegen. Ein als Prügeltrupp berüchtigter Einsatzzug wurde aufgelöst, 30 Beamte vorübergehend suspendiert. Im Mittelpunkt der Vorwürfe standen die Wachen in St. Pauli und am Hauptbahnhof: Freiheitsberaubungen, willkürliche Razzien, eine „Negerkartei“ – die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Auch der Fall Oliver Neß mußte neu aufgerollt werden. smv

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