■ Kommentar: Hamburger Laster
Hamburg ist auf dem besten Weg ins Mittelalter. Was sich die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt am Mittwoch in Bezug auf die Verweigerung von eineinhalb Kilometern staatlicher Gleisanlagen für einen ökologisch wie ökonomisch ausgesprochen sinnvollen Container-Pendelzug-Verkehr geleistet hat, das steht mittelalterlicher Kleinstaaterei in nichts nach. So wie damals die Straßen alle paar Kilometer von Zollschranken gekreuzt wurden, so versucht die Hamburger Hafen-Lobby jetzt mit allen Mitteln der Verleumdung, der Intrige und Polemik die gute Idee eines kleineren privaten Konkurrenten auszuhebeln. Von der CDU über die SPD bis hin zur Statt-Partei machen alle mit. Selbst die örtliche Gewerkschaft ÖTV hat inzwischen in den dummen Gesang der Lokalpatrioten eingestimmt. Und ganz im Stil des Mittelalters haben sie ihre einzige Gegnerin in dieser Sache, Krista Sager von der GAL, als Agentin Bremer Interessen denunziert.
Doch die stolzen Ritter im Hamburger Parlament haben sich im Jahrhundert geirrt. Abgesehen davon, daß gerade Hamburg nicht mit Protektionismus, sondern gerade mit freiem Handel reich geworden ist, haben sich die Zeiten auch in anderen Fragen geändert. Die niedersächsischen Gemeinden, die den Schwerlastverkehr jetzt weiter erdulden sollen, sind nicht mehr so ohnmächtig, wie die Bürgerschaft zu glauben scheint. Schon bald werden sie gebraucht, wenn es darum geht, als Spülfeld für die Hamburger Elbvertiefung herzuhalten. Mal sehen, was passiert, wenn die dann auch sagen: Macht Euern Scheiß doch alleine. Dirk Asendorpf
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