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Hamburger Grüne bleiben CDU treuSchwarz-Grün macht weiter

Die Grünen sprechen sich deutlich für den Christdemokraten Christoph Ahlhaus als neuen Bürgermeister und für die Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition aus.

Rund 80 Prozent der Hamburger Grünen haben der Fortsetzung der schwarz-grünen Landesregierung an der Elbe ihren Segen erteilt. Bild: rtr

HAMBURG taz | Am Ende war es ein klares Votum: Rund 80 Prozent der Hamburger Grünen haben am Sonntag per Akklamation der Fortsetzung der schwarz-grünen Landesregierung an der Elbe ihren Segen erteilt. Zur Mitgliederversammlung der Grün-Alternativen Liste (GAL), auf der mehr als drei Stunden scharf über die Koalitionsfrage diskutiert wurde, waren rund 300 Personen erschienen.

Der Wahl von CDU-Innensenator Christoph Ahlhaus zum Nachfolger von Ole von Beust (CDU) am Mittwoch im Landesparlament steht jetzt nichts mehr im Wege. 56 Christdemokraten und 12 Grüne haben in der Bürgerschaft 68 Sitze und damit 7 Sitze mehr, als zur absoluten Mehrheit erforderlich sind.

Bereits am Samstag hatte die CDU den Weg frei gemacht. Auf einem Landesparteitag war Ahlhaus von den 240 Delegierten einstimmig als Bürgermeisterkandidat nominiert worden. Deutlich bekannte sich der 40-jährige Jurist zur Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition. "Die Verbindung von Ökonomie und Ökologie ist die große Herausforderung, die wir meistern müssen", erklärte Ahlhaus unter Beifall. Den Sozialdemokraten dürfe "das Feld in dieser Stadt nicht wieder überlassen" werden, deshalb gebe es keine Alternative zu einer "fairen Zusammenarbeit mit unseren grünen Partnern".

Die hatte Ahlhaus am Mittwochabend auf einem nichtöffentlichen Treffen weitgehend überzeugt. Viele Grüne waren dem vermeintlichen "konservativen Hardliner" mit Skepsis und zum Teil offener Ablehnung begegnet. In der dreistündigen Debatte mit rund 350 Grünen-Mitgliedern von der Basis hatte Ahlhaus allerdings seine Grünen-Kompatibilität recht überzeugend vermitteln können.

Mit minutenlangen Standing Ovations verabschiedete der CDU-Parteitag indes den Mann, dem die Partei in Hamburg alles zu verdanken hat: Ole von Beust. Nach 32 Jahren Landespolitik, davon fast 9 als Bürgermeister, sei sein Rücktritt "vernünftig", erklärte der 55-Jährige. 2001 hatte er durch eine Koalition mit der Schill-Partei die 44-jährige Herrschaft der SPD in Hamburg gebrochen und die CDU an die Macht gebracht. Das Bündnis mit Schill sei "im Rückblick peinlich, war aber politisch notwendig", sagte von Beust. Polittaktisch notwendig sei ebenso die jetzige schwarz-grüne Koaltion, weil sie der CDU eine Alternative ermögliche. Deshalb könne er beruhigt aus dem Amt scheiden.

Seine Ruhestandsbezüge will er aber "erst mit 65" in Anspruch nehmen. Ab Oktober oder November will von Beust als "Berater" in der Wirtschaft arbeiten.

Für Kopfschütteln vor allem bei den Grünen sorgt unterdessen der parteilose Unternehmer Ian Karan, den Ahlhaus als neuen Wirtschaftssenator vorgeschlagen hat. Er habe die deutsche Staatsbürgerschaft 2009 nicht auf Anraten von Kanzlerin Angela Merkel angenommen, gestand der 71-jährige Karan in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Der 1930 in Sri Lanka geborene und seit Ende der 1960er Jahre in Hamburg lebende Karan war bis dahin britischer Staatsbürger. Von der London School of Economics sei er auch nicht wegen der Teilnahme an einer Demonstration gegen den Vietnamkrieg geflogen, sondern wegen zu vieler Fehlzeiten.

Auch habe er der Hamburger Schill-Partei seit Beginn dieses Jahrzehnts nicht nur eine Spende zukommen lassen, sondern drei. Insgesamt habe er 44.500 Euro gespendet, das letzte Mal für die Bürgerschaftswahl im Februar 2004.

Trotz seiner frisierten Biografie will der Senat an Karan festhalten. Sprecherin Kristin Breuer erklärte am Sonntag: "Wir sind weiterhin überzeugt, dass Herr Karan ein ausgezeichneter Wirtschaftsminister sein wird."

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18 Kommentare

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  • DT
    der tellerwäscher

    Gedruckt wie geschluckt: Der „Fall“ Ian Karan und die Medien http://tinyurl.com/32e8ddh

  • B
    broxx

    Naja, dann können sie ja weiter verdienen. Schöne freie Messerstadt Hamburg...

  • S
    SOSO

    macht macht krank, kein mensch darf die macht haben

  • A
    Ahmet

    Die Grünen haben in Hamburg - trotz CDU viel verbessern können. Die großen Entscheidungen sind leider ja schon getroffen worden, aber wirklich schlecht finde ich diese Regierung nicht. Außerdem müssen die Grünen zeigen, dass sie nicht auf die SPD angewiesen sind. Mit denen könnten sie nämlich schnell verlieren, mit der CDU verlieren sie nur ein paar ganz harte Grüne, aber besonders prinzipientreue Menschen halten es am Ende sowieso mit keiner Partei. Am Ende fühlen sich solche Leute immer verraten.

    Schade war nur das Scheiter der neuen Schulpolitik, aber das ist ja ein Problem in ganz Deutschland.

  • S
    schnuffelinen

    Die GAL oder die grünen oder wie auch immer sie sich in Deutschland nennen, sind da angekommen wo andere Parteien schon länst sind. Prinzipienverrat für den Machterhalt. Saarland, Hamburg und wahrscheinlich demnächst auch Baden-Württemberg. Grüne, FDP, CDU, alles beliebig austauschbar. Die Linke, obwohl bereits in vielen Landesparlamenten vertreten, und oft regierungsfähiger als SPD, gilt für die Grünen als der Leibhaftige. So werden wir in Deutschland weiter keinen Systemwechsel erreichen.

    Mein Stoßseufzer: Ströbele hilf, hilf schnell, hilf überall und habe das ewige Leben.

  • MM
    Mirek M.

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    Erste Reihe auf dem Foto:"Totengräber der HH-GAL".

  • E
    Eimsbüttler

    Die gaL hat schon damals ihre Ideale mit Füßen getreten, als sie trotz der Menschenrechts-Verletzungen durch O. Scholz (Brechmittel-Einsatz), in der Regierung blieb.

    Seit dem ist die gaL für mich, der ich schon die Bunte Liste gewählt habe, nicht mehr wählbar.

     

    Hoffentlich geht die gaL den 5%-Weg der FDP:

  • H
    Hans

    Ich finde die Entscheidung nachvollziehbar. Sie hat m.M. viel mit den Erfahrungen mit der SPD zu tun: Zum einen hat die GAL noch nie so geblutet, wie mit der SPD, zum anderen ist diese Partei gespalten und der eine Teil ist rechter als die CDU. Die CDU ist insofern das kleinere Übel und diese Konstellation ist irgendwo nicht wirklich logisch, betrachtet man die ersten CDU-Jahre, die durch Schill, Kusch, Innere Sicherheit, Abschaffung von sozialen Maßnahmen (Arbeitslosenticket z.B.) geprägt waren. Die Weichen für die schlimmsten Fehlentwürfe, wie zum Beispiel Elbphilharmonie und U4 haben die Grünen aber nicht zu verantworten, sondern das geht auf das Konto der CDU.

    Insofern nicht die beste Koalition, aber eindeutig besser als mit der SPD, zumal deren innere Zankereien unglaublich zugenommen haben (man denke nur an Annen/Ilkhanipour).

    Als fundierter Grüner kann man sich natürlich an dieser Koalition abreiben, aber ich sage mal: Die SPD verliert bisher jede Wahl, wegen ihrer Arbeitsmarktpolitik. Ein Partner für die Zukunft gewinnt Wahlen und er überzeugt. Die CDU wirft einen nicht um, aber sie ist erheblich stabiler als die SPD und hat einige grüne Projekte glaubwürdig mitgetragen.

  • G
    grimmigeExilantin

    die hamburger gal hatte schon als koalitionspartner der spd mit vorscherau als bürgermeister ihre ideale verraten: elbvertiefung, zubetonierung eines einmaligen süßwasser-naturschutzgebiets zugunsten von airbus ... gab noch andere klopse (verdrängt, weil zu ärgerlich ...). sind für mich deswegen schon lange nicht mehr wählbar.

  • EG
    Ex GAL-Wähler

    Schlimm, schlimmer, GAL Hamburg!

     

    Die GAL ist ja nun wirklich völlig schmerzbefreit:

     

    1. Amtshandlung in der neuen schwarz-grünen Koalition in HH: Genehmigung eines neuen Kohlekraftwerkes!

     

    2. Amtshandlung: Zustimmung zur Elbvertiefung!

     

    3. Das im Wahlkampf von der GAL versprochene "echte" und günstige "Sozialticket" für Arme war nach der Wahl auch schnell vergessen (kam dann so eine erbärmliche 18 € Ermäßigung auf eine 80! € teure Monatskarte!).

     

    4. Schulreform: Kam einem doch glatt der rechtskonservative Wähler aus Bonzenese dazwischen, allerdings hätte man die Wähler deutlich besser informieren und für die Schulreform werben können.

     

    Und JETZT? Jetzt will die GAL die Koalition fortsetzen, mit einem neuen 1. Bürgermeister aus dem "Ländle", der offenkundig dem Rechtsextremistischen Gedankengut (schlagender Burschenschafter) verfangen ist und da ist natürlich ein krimineller und verlogener Milliardär, der den Wirtschaftslobbyisten äh -Senator spielen will auch kein Problem!

     

    Die GAL ist genau so eine verlogene Mehrheitsbeschaffer-Partei geworden wie die FDP seit Jahrzehnten ist!

     

    Keine Ideen mehr oder gar Visionen, Ideale schon lange nicht mehr, Hauptsache mitregieren und Pöstchen besetzen um jeden Preis!

     

    GAL: Du bist überflüssig wie ein Pickel am Ar...!

  • K
    Kommentator

    Was müsste ein rationaler Wähler - ohne affektive und traditionale Irrationalitäten - aus diesem Geschehen lernen:

    1. Karriere macht, wer am besten lügt (Karan)

    2. Karan unterstützte nen Rassisten?!? Alles klar!

    3. Lügen, Wähler betrügen und kranke Koalitionen eingehen ist "im Rückblick [immer] peinlich", da 100% verlogen, aber da pol. Repräsentanten nur auf Macht fixiertsind, immer auch "politisch notwendig".

     

    Weiter so, liebe Grüne!

    Und holt am besten noch FDP und NPD in`s Boot, damit es noch n paar Wähler oder Nichtwähler mehr kapieren.

  • M
    MalWiederIch
  • NH
    nette hanseatin

    Bei der Hamburger GAL wundert mich gar nichts mehr. Hoffentlich kriegen sie bei der nächsten Wahl die Quittung für ihre Wählerverarsche.

    Ich wähle keine Partei, die der CDU hinterherwinselt und ihre eigenen Inhalte dabei auf dem Altar des Machterhaltes opfert.

  • GK
    grüne krieche

    Die Grünen outen sich als Fans der Schill-Partei. Super, aber keine Überraschung mehr. Als nächstes sind sie für Atomkraft. Atomprotest: Nein danke.

    Die Hamburger Grünen sind noch korrupter als der Saarländer Grünen-Mafioso Ulrich.

    Fischer hat in seiner "Amtszeit" die Grünen auf Linie gebracht, kassiert jetzt seine Belohnung in der Wirtschaft. Diese Grünen braucht kein Mensch.

  • K
    Kokolemle

    Jetzt hat die GRüne Partei alle ihre Grudsätze verraten nur wegen des Machterhaltes. Pfui sowas kann man nicht wählen.

  • D
    desillusion

    Der neue "Senat" wird ein fast noch größerer Witz als der alte. Und die ehemals progressiven, bürgernahen Grünen als Ahlhausens Steigbügelhalter.

    Man kann gar nicht so viel fressen...

  • S
    senfteiler

    Dieser Herr Karan hat sich ja gut gehalten, wenn er als 1930 Geborener erst 71 ist.

    Oder ist seine Biografie vielleicht gar noch frisierter als im Artikel beschrieben?

  • I
    ICh

    Wenn der Vorgeschlagene Senator 1930 geboren ist, ist er nicht 71 Jahre alt.