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Hamburger Asklepios-Ärzt*innenBrandbrief verpufft

Ärzt*innen aus St. Georg schrieben in einem Hilferuf von einer prekären Situation. Die Gesundheitsbehörde wollte das prüfen. Was ist seitdem passiert?

Frustrierte Ärzt*innen: Trotz Hilferufs ist in St. Georg bislang nichts bis nicht viel passiert Foto: dpa

Hamburg taz | Dutzende Ärzt*innen der Asklepios Klinik St. Georg sehen ihre eigene Gesundheit und ihre Patient*innen wegen einer „prekären personellen Situation“ gefährdet. Deshalb wandten sie sich schon vor Wochen mit einem Brandbrief Hilfe suchend an den Hamburger Landesverband des Marburger Bundes. Ein Sprecher der Gesundheitsbehörde kündigte im November gegenüber der taz an, dass die Behörde den erhobenen Vorwürfen nachgehen wolle, wenn das Schreiben zugänglich gemacht würde. Doch was seitdem wirklich passiert ist, bleibt offen.

Die Behörde nehme die im Rahmen der Berichterstattung erhobenen Vorwürfe sehr ernst, heißt es auf Anfrage der taz aus der Pressestelle. Sie würden geprüft und ihnen werde „wie in solchen Fällen üblich – unter anderem im Rahmen gesetzlicher Kontrollmöglichkeiten und von Gesprächen mit dem Klinikträger“ nachgegangen.

Doch auch auf Nachfrage wollen die Behördensprecher nicht beantworten, ob der Brandbrief überhaupt in der Behörde vorliegt. Geschweige denn, ob überhaupt versucht wurde, ihn zu bekommen und damit auch die Details der Vorwürfe der Ärzt*innen zu erfahren. Das dürfte eigentlich kein Problem sein. Immerhin übt die Gesundheitsbehörde die Aufsicht über die Krankenhäuser aus. Und die Stadt hält noch 25,1 Prozent der Anteile an den Asklepios-Kliniken. „Bei allem Verständnis für Ihre Fragen haben wir diese soweit es uns möglich war bereits beantwortet“, schreibt eine Behördensprecherin. Weitere Details zu laufenden Gesprächen könne man nicht nennen.

Die Ärzt*innengewerkschaft Marburger Bund hat nach Angaben des Landesvorsitzenden Pedram Emami alles ihr Mögliche in die Wege geleitet. Das seien aber eher formalistische Maßnahmen, wie eine Arbeitsbelastungsüberprüfung und der Austausch mit dem Betriebsrat.

Der Brief sei bisher nicht an die Gesundheitsbehörde weitergeleitet worden. „Wenn die Behörde etwas wissen will, dann steht unsere Tür immer offen“, sagt Emami. „Man kann uns gerne fragen.“ Die Stadt als Miteigentümerin müsse, nach allem was publik geworden ist, schauen, was ihrerseits zu tun ist, findet er. „Es wäre gut gewesen, wenn die Ärztinnen und Ärzte das Signal bekommen hätten: Wenn sie Hilfe brauchen, dann werden sie Hilfe bekommen“, sagt er.

Doch das ist scheinbar nicht geschehen, wie Christine Löber berichtet. Sie ist HNO-Ärztin in der Notaufnahme in St. Georg. „Die Betroffenen haben bisher überhaupt keine Rückmeldung bekommen“, sagt sie. „Es ist unglaublich, dass eine Abteilung in größter Not einen Hilferuf startet und auf eine massive Patientengefährdung hinweist und die Behörde sich nicht in der Lage sieht, sich dazu zu äußern.“ Sie findet dieses Verhalten in höchstem Maße respektlos – auch den Patient*innen gegenüber.

Diese hätten die Berichterstattung mitbekommen und seien massivst verunsichert. „Alles, was ihnen bisher entgegen gebracht wird, ist ein erdrückendes Schweigen seitens des Konzerns und Frau Prüfer-Storcks“, so Löber. Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) ist nicht immer so verschwiegen. Als die internistische Notaufnahme der Asklepios Klinik St. Georg im Sommer von der Notfallversorgung abgemeldet werden musste, kritisierte sie das zwar, sprach aber von einer „Ausnahmesituation“.

„Dies ist keine Ausnahmesituation, sondern seit längerem die Regel“, schrieben hingegen die Ärzt*innen in ihrem Brandbrief. Unterzeichnet haben ihn hauptsächlich Ärzt*innen der Kardiologie und der Inneren Medizin. Also der Abteilung, die auch den im Sommer gesperrten Teil der Notaufnahme besetzen muss.

Auch Asklepios schweigt sich zu den von der Behörde genannten Gesprächen aus. Sämtliche Fragen zu Kontakten und Gesprächen mit der Gesundheitsbehörde bleiben unbeantwortet. Die Klinikleitung stünde in ständigem Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen der Notaufnahme und der Inneren Medizin, sagt stattdessen ein Sprecher. Zu Jahresbeginn würde ein neues Konzept zur Dienstplangestaltung der Notaufnahme erarbeitet – durch die neuen ärztlichen Leiter der Notaufnahme und der Inneren Medizin.

„Unser Ziel ist es, dass die Strukturen in der Notaufnahme des AK St. Georg in einem Jahr besser sind, als noch im Spätsommer 2018“, so der Konzernsprecher.

Asklepios hat laut Emami „Bereitschaft zum Dialog“ signalisiert. Die Personalsituation in St. Georg entspanne sich langsam. „Für die Zukunft wäre es natürlich schön, wenn es nicht zum Ritual werden würde, dass die Leute bis zur Erschöpfung arbeiten und dann laut werden und erst dann Stellen nachbesetzt werden“, sagt er.

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