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Hamburger AfDler verliert vor GerichtRederecht gilt nicht unbegrenzt

Die Ordnungsrufe gegen rassistische Äußerungen eines Hamburger AfD-Abgeordneten waren rechtmäßig. So entschied am Freitag das Landesverfassungsgericht.

Hatte vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht keinen Erfolg: Krzysztof Walczak (AfD) Foto: Markus Scholz/dpa

Hamburg taz | Die Ordnungsrufe, die der Hamburger AfD-Politiker Krzysztof Walczak in einer Bürgerschaftssitzung im März 2023 erhalten hatte, waren rechtmäßig. So lautet die Entscheidung des Hamburgischen Verfassungsgerichts, die am Freitagvormittag verkündet wurde. Der AfD-Politiker hatte vor dem höchsten Gericht des Landes gegen das Bürgerschaftspräsidium um Carola Veit (SPD) und André Trepoll (CDU) geklagt.

Letzterer erteilte dem Politiker in einer Sitzung im März 2023 zwei Ordnungsrufe, nachdem der AfD-Politiker während einer polemischen Rede pauschalisierende Aussagen über Geflüchtete traf und die Migrationspolitik der CDU für antisemitische Übergriffe verantwortlich machte. Das Verfassungsgericht musste darüber entscheiden, ob Trepoll sich mit den Ordnungsrufen innerhalb seines Entscheidungsspielraums bewegte.

Die mündliche Verhandlung zu dem Fall fand am Anfang Januar diesen Jahres statt. Knapp einen Monat später folgt nun das Urteil und die klare Antwort der Rich­te­r:in­nen um die Vorsitzende Richterin Birgit Voßkühler: Die Ordnungsrufe waren verfassungsgemäß. Sie verletzen den AfD-Politiker nicht in seinem Rederecht als Abgeordneter, befand das Gericht.

Die Einschätzung Trepolls, dass die Aussagen des AfDlers keine sachliche Auseinandersetzung darstellten, sondern maßgeblich auf eine „bloße Herabwertung und Provokation“ zielten, sei nachvollziehbar, so das Gericht. Ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot, wie von Walczak vorgeworfen, liege nicht vor.

Polemische Äußerung als sachliche Kritik verkauft

Es ist nicht das erste Mal, dass AfD-Politiker:innen anderen Parteien vor Gericht mangelnde Neutralität vorwerfen und versuchen, Herabwürdigungen und polemische Äußerungen als sachliche politische Kritik zu verkaufen.

Erst kürzlich verlor die AfD in Hannover eine Klage vor dem Verwaltungsgericht, nachdem Po­li­ti­ke­r:in­nen nach rassistischen Äußerungen in einer Ratssitzung den Raum verließen. Im Mai 2024 klagte die Partei ebenfalls vor dem Hamburger Verfassungsgericht gegen Andy Grote (SPD) wegen einem angeblichen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot des Innensenators. Auch in anderen Bundesländern werden immer wieder solche Verfahren geführt.

Laut Karsten Nowrot, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Hamburg, haben Klagen dieser Art zugenommen, seit die in Teilen gesichert rechtsextreme Partei in den Parlamenten sitzt. „Diese Verfahren sind eine PR-Sache.“

Die Chancen, dass die AfD vor Gericht gewinnt, sei nicht groß, aber größer als Null, so der Rechtswissenschaftler. „Wenn man verliert, wird das seitens der Partei natürlich gar nicht erwähnt, auch wenn die verlorenen Fälle einen Großteil der Klagen ausmachen. Der Prozess wird erst groß gemacht, wenn dann doch einmal gewonnen wird“, erklärt Nowrot die Strategie hinter den Verfahren.

Das sieht auch Kai-Uwe Schnapp so. Die Partei versuche kommunikatives Kapital aus den Verfahren zu schlagen, so der Politikwissenschaftler.

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