Hamburger AfDler verliert vor Gericht: Rederecht gilt nicht unbegrenzt
Die Ordnungsrufe gegen rassistische Äußerungen eines Hamburger AfD-Abgeordneten waren rechtmäßig. So entschied am Freitag das Landesverfassungsgericht.
![Krzysztof Walczak spricht auf einer Bühne vor einem AfD-Plakat Krzysztof Walczak spricht auf einer Bühne vor einem AfD-Plakat](https://taz.de/picture/7516945/14/Krzysztof-Walczak-AfD-1.jpeg)
Letzterer erteilte dem Politiker in einer Sitzung im März 2023 zwei Ordnungsrufe, nachdem der AfD-Politiker während einer polemischen Rede pauschalisierende Aussagen über Geflüchtete traf und die Migrationspolitik der CDU für antisemitische Übergriffe verantwortlich machte. Das Verfassungsgericht musste darüber entscheiden, ob Trepoll sich mit den Ordnungsrufen innerhalb seines Entscheidungsspielraums bewegte.
Die mündliche Verhandlung zu dem Fall fand am Anfang Januar diesen Jahres statt. Knapp einen Monat später folgt nun das Urteil und die klare Antwort der Richter:innen um die Vorsitzende Richterin Birgit Voßkühler: Die Ordnungsrufe waren verfassungsgemäß. Sie verletzen den AfD-Politiker nicht in seinem Rederecht als Abgeordneter, befand das Gericht.
Die Einschätzung Trepolls, dass die Aussagen des AfDlers keine sachliche Auseinandersetzung darstellten, sondern maßgeblich auf eine „bloße Herabwertung und Provokation“ zielten, sei nachvollziehbar, so das Gericht. Ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot, wie von Walczak vorgeworfen, liege nicht vor.
Polemische Äußerung als sachliche Kritik verkauft
Es ist nicht das erste Mal, dass AfD-Politiker:innen anderen Parteien vor Gericht mangelnde Neutralität vorwerfen und versuchen, Herabwürdigungen und polemische Äußerungen als sachliche politische Kritik zu verkaufen.
Erst kürzlich verlor die AfD in Hannover eine Klage vor dem Verwaltungsgericht, nachdem Politiker:innen nach rassistischen Äußerungen in einer Ratssitzung den Raum verließen. Im Mai 2024 klagte die Partei ebenfalls vor dem Hamburger Verfassungsgericht gegen Andy Grote (SPD) wegen einem angeblichen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot des Innensenators. Auch in anderen Bundesländern werden immer wieder solche Verfahren geführt.
Laut Karsten Nowrot, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Hamburg, haben Klagen dieser Art zugenommen, seit die in Teilen gesichert rechtsextreme Partei in den Parlamenten sitzt. „Diese Verfahren sind eine PR-Sache.“
Die Chancen, dass die AfD vor Gericht gewinnt, sei nicht groß, aber größer als Null, so der Rechtswissenschaftler. „Wenn man verliert, wird das seitens der Partei natürlich gar nicht erwähnt, auch wenn die verlorenen Fälle einen Großteil der Klagen ausmachen. Der Prozess wird erst groß gemacht, wenn dann doch einmal gewonnen wird“, erklärt Nowrot die Strategie hinter den Verfahren.
Das sieht auch Kai-Uwe Schnapp so. Die Partei versuche kommunikatives Kapital aus den Verfahren zu schlagen, so der Politikwissenschaftler.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!