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Hamburg haßt Fahrradfahrer

■ Radlerwünsche ersticken im Dschungel von Behörden, Handelskammer, Polizei und Hochbahn

Gäbe es einen Wettbewerb um die fahrradfeindlichste Stadt Deutschlands, Hamburg hätte keinerlei Probleme, sich im Spitzenfeld der Top Ten zu plazieren. Kaputte, zugeparkte Radwege, lebensgefährliche Verschwenkungen an Kreuzungen, mörderische Torausfahrten, fahrradfeindliche Wegweisung und Kreuzungsführung allüberall, Weltspitzenniveau in Sachen Fahrraddiebstahl und Fahrradunfall und schließlich Autofahrer, für die Radfahrer lediglich lästige „Weichteile“ darstellen – Hamburg läßt kaum etwas aus, um seinen BewohnerInnen die Nutzung der unübertroffen effektivsten Verkehrsmaschine (Umsetzung von Primärenergie in Transportleistung) zu verleiden.

Auch das kleine Zuckerl der einstigen Verkehrssenatorin Traute Müller, dem Fahrrad kostenlosen Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln zu gestatten, hat eine ungewisse Zukunft: Die Deutsche Bahn AG orderte ihre neue S-Bahn-Generation mit Billigung der Stadt fahrradabteilfrei. Ob zum Einkaufen, zur Arbeit, ins Kino, zur Uni oder in die Natur – kaum eine Wegeverbindung innerhalb Hamburgs ist ohne Sackgassen, Fallen und Zumutungen für den Radfahrer.

Die RadlerInnen haben sich davon nicht abschrecken lassen. Seit Jahren nimmt in Hamburg der Fahrradverkehr zu und hat inzwischen einen beachtlichen Anteil von deutlich über zehn Prozent am städtischen „Verkehrsmarkt“erreicht. Zu Werten von 25 Prozent, wie München sie anstrebt, oder gar 40 Prozent – in manchen niederländischen Städten bereits Wirklichkeit – ist es noch ein weiter Weg. Dabei haben Städte wie München, Bremen oder Freiburg vorgemacht, wie selbst in deutschen Städten binnen weniger Jahre ein regelrechter Radlboom entfacht werden kann.

Trotz heftiger politischer Bekundungen fürs Fahrrad tun sich Hamburgs Regierung und Verwaltung allerdings äußerst schwer, dem Fahrrad und seinen Nutzern gezielt Gutes zu tun. Das Hauptübel, so räumen PlanerInnen aus den betroffenen Behörden ein, seien die Verwaltungsabläufe und die Behördenplanung. Das fängt mit ganz schlichten Dingen an: Wer Radwege plant, wird, weil dies so kinderleicht ist, schlechter bezahlt und eingestuft als Autobahnplaner oder Sielkonstrukteure. Nächstes Problem: Statt bei jedem Straßenumbau sofort mit ganz einfachen Maßnahmen die Radler zu erfreuen, pfiffigen Radstreifen z.B., wird jede Fahrradmaßnahme zur kostenträchtigen Staatsaktion.

Reicht das Argument „Kein Geld!“ nicht, mobilisiert meistens einer aus der Anti-Fahrradmafia seine Freunde: Die Handelskammer bezeichnet alles, was dem Autoverkehr Platz und Vorrecht wegnimmt, sofort als wirtschaftsfeindlich. Besonders pikant auch die Hamburger Hochbahn AG (HHA), eine Hochburg der Fahrradhasser. ÖTV-Vorständler Wolfgang Rose, für die HHA zuständig, mußte dies bereits am eigenen Leibe erfahren. Weil er sich fürs Radfahren starkmacht, gilt er den HHA-Gewerkschaftern als persona non grata, wurde beschimpft als einer, „der gegen unsere Arbeitsplätze“ mobilisiere. Radfahrer, so die verquere HHA-Logik, bezahlen keine Busfahrkarten, verstopfen die U-Bahn und machen entweder mit ihrem Geschleiche oder mit gesetzeswidrigen Treiben das Busfahren unmöglich.

Tempo-30-Schilder beispielsweise, eine der billigsten Pro-Farrad-Maßnahmen überhaupt, haben im einvernehmlichen Sperrfeuer von HHA und Handelskammer überhaupt keine Chance. Reicht das immer noch nicht, ist die Polizei als oberster Bedenkenträger zur Stelle: Nicht nur, daß die Fahrraddiebstahlmeldungen die Revierwachen lahmlegen. Radfahrer gefährden unsere Sicherheit: Entweder, so das Standardargument der grünberockten Fahradfeinde, gefährden Radfahrer die Fußgänger oder sich selbst – weil sie den Autoverkehr stören. Ansätze, dem Fahrrad zum Wohl von Fußgängern, Radlern und Stadt auf dem Asphalt mehr Platz und Recht einzuräumen, werden so – egal ob in Rathaus, Behörden oder Bezirken – kaltblütig gekillt.

Hamburgs grüner Oberradler Martin Schmidt resümiert bedächtig: „Schon mit den heutigen Geldern ließe sich viel mehr machen, gerade auf Bezirksebene. Voraussetzung wären: bessere Planung, der Wille, wirklich etwas fürs Fahrrad durchzusetzen, und ein Ende der Blockadepolitik gegen das Fahrrad.“ Florian Marten

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