: Halbmond überm Ku‘damm
Die Türken lösen ein Versprechen ein und erreichen mit einem 3:0 gegen China das Achtelfinale. Nun träumen Politiker bereits von einem Finale gegen Deutschland
BERLIN/ISTANBUL dpa/taz ■ Senol Günes hatte es „unserem Volk versprochen“, und die türkische Nationalmannschaft, die von Herrn Günes trainiert wird, hielt sein Versprechen und erreichte mit einem 3:0 gegen China die zweite Runde, da die Brasilianer zeitgleich den Konkurrenten Costa Rica mit 5:2 besiegten.
Der Sieg war nie in Gefahr, das Achtelfinale schon. Zwischenzeitlich hatten die punktgleichen Mittelamerikaner bei gleichem Torverhältnis mehr erzielte Treffer zu Buche stehen. Die letzten beiden brasilianischen Tore und der dritte türkische Treffer beendeten dann alle mathematischen Spekulationen.
In der Türkei dauerte es eine Weile, bis die Anspannung dem Jubel Platz machte. Doch dann gab es kein Halten mehr: Aus allen Richtungen strömten die Menschen in Istanbul auf den Taksimplatz, schwenkten Roter-Halbmond-Fahnen, ließen ihrer Freude über das 3:0 hüpfend und tanzend freien Lauf. „Frankreich und Argentinien sind draußen, die Türkei hat es geschafft“, jubelte ein Fan.
Auch die Türken in Deutschland stimmten in den Jubel ein. Laut hupend und Fahnen schwenkend fuhren sie bei spontanen Autokorsos durch die Innenstädte. Der Ku’damm in Berlin befand sich fest in türkischer Hand. In der Hauptstadt hatten vorher 2.000 Fans auf einer Großleinwand am Potsdamer Platz das Spiel verfolgt, in Lokalen im ganzen Land ließen die Türken ihr Team hochleben.
„Warum nicht auch ins Viertel- oder Halbfinale?“, verstieg sich gestern ein Kommentator. „Mein Herzenswunsch wäre ein Finale gegen Deutschland“, träumte der türkische Parlamentspräsident Ömer Izgi. Davon wollte Coach Günes nicht reden: „Egal, welche Mannschaft jetzt kommt, wir haben schon mehr erreicht als bei unserer ersten WM-Teilnahme.“ 1954 war man gegen Deutschland in der Vorrunde ausgeschieden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen