NADINE MICHEL ÜBER DIE EXPERTISE DER UMWELTWEISEN : Halbherzige Energiepolitik
Mit den Petersberger Klimagesprächen Anfang dieser Woche hatte die Bundesregierung neues Vertrauen für die internationalen Verhandlungen schaffen wollen. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) wurde dabei nicht müde zu betonen, wie wichtig konkretes Handeln dafür sei. Doch genau das bleibt bei der schwarz-gelben Koalition in Berlin auf der Strecke.
Erst vor wenigen Wochen versenkte die Regierung mit einem halbherzigen Energieeffizienzgesetz ein enormes Potenzial zur Strom- und damit Emissionseinsparung. Dann kam heraus, dass sie die Haushaltssperre für das sogenannte Marktanreizprogramm beibehalten will, womit sie nachhaltige Investitionen abwürgt. Und nun zeigt sie, wie unengagiert sie den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben will: Bei den Grundlagen für die Berechnung der Atomlaufzeiten gibt sie kein Ziel für den Ausbau der Erneuerbaren vor, sondern setzt ihn in Abhängigkeit von ebenjenen Atomlaufzeiten.
Dabei handelt die Regierung wider besseres Wissen. Denn nun hat selbst der Sachverständigenrat für Umweltfragen, der die Regierung berät, in verschiedenen Szenarien dargelegt, wie eine 100-prozentige Stromproduktion mit erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2050 möglich wäre – selbst ohne Energieimporte aus dem Ausland. Allerdings, so macht der Umweltrat klar: Dafür muss die Regierung auch aktiv etwas tun.
Weigert sich sie hingegen, diesen Weg einzuschlagen, setzt sie viel aufs Spiel. Kaum eine Branche ist in der Vergangenheit so stark gewachsen, hat so viele neue Jobs hervorgebracht. Und in kaum einem Bereich wäre Klimaschutz so leicht möglich.
Der Sachverständigenrat versteht sein Gutachten als Input für das Energiekonzept, das die Regierung im Herbst vorlegen will. Will sie tatsächlich Vertrauen schaffen, sollte die Koalition diesen Input nutzen und klare sowie ehrgeizige Ausbauziele für die Erneuerbaren erarbeiten.
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