Hahnenkämpfe um Schuld an CSU-Schlappe: Stoiber weist Schuld von sich
Die CSU streitet: Über den zu hohen Wahlsieg 2003, über Stoibers Mitschuld an allem und über den besten Beckstein-Nachfolger. Die politischen Gegner schauen amüsiert zu.
MÜNCHEN/PASSAU/BERLIN dpa/ap/afp/taz Ausgerechnet Schröder. Als ob nicht schon alles schlimm genug wäre, muss sich die CSU jetzt auch noch von ihrem Erzfeind und Stoiber-Bezwinger Gerhard Schröder verspotten lassen. Bei einem Fest in Schwerin lobte der Ex-Kanzler am Donnerstag lustvoll die geordneten politischen Verhältnisse in Mecklenburg-Vorpommern, "während in Bayern gegenwärtig der Posten des Ministerpräsidenten bundesweit ausgeschrieben wird".
Auch andere konnten sich die Häme nicht verkneifen. Der bayerische FDP-Generalsekretär und Spitzenkandidat Martin Zeil nannte die CSU-Krise in schönster Verdauungsmetaphorik einen „Gärungs- und Klärungsprozess.“ Der Chef der Freien Wähler (FW), Hubert Aiwanger, bezeichnete die CSU am Donnerstag im Bayerischen Rundfunk als nicht regierungsfähig. Man wisse nicht mehr, wer in der Partei die Fäden ziehe. "Ich glaube, dass die Viererkoalition nicht völlig abwegig wäre." Eine Koalition aus SPD, FW, Grünen und FPD ist rechnerisch möglich, gilt aber bisher als unwahrscheinlich, weil die FDP lieber mit der CSU koalieren will.
Das scheidende Führungsduo aus Erwin Huber und Günther Beckstein hat derweil dem früheren Ministerpräsidenten und Parteichef Edmund Stoiber eine Mitschuld an der Parteikrise gegeben. Huber vertrat im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung die Ansicht, der von Stoiber errungene Wahlsieg 2003 sei so hoch gewesen, „dass es schwierig war, damit umzugehen“.
Außerdem warf der scheidende Parteichef seinem Vorgänger Stoiber vor, mit seiner Reformpolitik über das Ziel hinausgeschossen zu sein. Er habe der Partei mit seinem Schwanken zwischen einer Karriere in Bayern und einer in Berlin eine schädliche Diskussion eingebracht. Das sah auch Beckstein so. „Diese Wartezeit war ausnehmend schwierig“, sagte der Passauer Neuen Presse.
Stoiber wies die Anschuldigungen als wenig hilfreich zurück und sagte, es gehe jetzt darum, „Zukunft zu gestalten“. Er machte deutlich, dass aus seiner Sicht Horst Seehofer nicht nur die Parteiführung, sondern auch das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen solle. Ähnliches äußerten viele junge CSU-Bundestagsabgeordnete ebenso wie viele Christsoziale im einflussreichen oberbayerischen Bezirksverband.
Der CSU-Landesgruppenchef in Bundestag, Peter Ramsauer, wollte Seehofer dagegen weiter in der Berliner Politik sehen. Für das Amt des Ministerpräsidenten kandidieren neben Seehofer auch Landtagsfraktionschef Georg Schmid, Bayerns Wissenschaftsminister Thomas Goppel und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann.
Inmitten der Hahnenkämpfe hatten CSU und FPD für den Donnerstag Nachmittag ein erstes Sondierungsgespräch über eine schwarz-gelbe Zusammenarbeit vereinbart. Für die CSU nehmen neben Huber und Beckstein auch Seehofer und Schmid teil, also zwei konkurrierende Kandidaten um den Job des Ministerpräsidenten.
Die FDP wolle mit der CSU ohne Vorbedingungen über eine mögliche Koalition verhandeln, sagte deren Generalsekretär Martin Zeil. Die Beteiligung an einer Vierer-Koalition unter Führung der SPD schloss Zeil erneut aus. Dafür gebe es keine inhaltliche Basis.
Dessen ungeachtet warb der bayerische SPD-Chef Ludwig Stiegler um die FDP. Diese habe die Viererkoalition abgelehnt, weil sie Zweifel an deren Stabilität habe. "Inzwischen ist auch für Skeptiker klargeworden, dass es in der politischen Landschaft in Bayern keine instabilere Formation als die CSU gibt. Die FDP sollte also ihr Stabilitätsmaß noch einmal anlegen und nachmessen", erklärte er.
HHZ
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