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Archiv-Artikel

Haftbefehl bleibt Haftbefehl

Erst nach Protesten ließ der Kreis Unna eine Frau aus dem Kosovo wieder frei. Sie wollte ihrem todkranken Ehemann beistehen, meldete sich beim Ausländeramt und wurde festgenommen

VON CHRISTOPH SCHURIAN

Die Ärzte hätten schon die Hände gehoben, sagt Vitor Spaqi: Sein 43jähriger Cousin liege im Sterben, die „Ehefrau wollte ihn noch einmal lebend sehen.“ Also hat sich Frau Spaqi aus dem Kosovo auf den Weg gemacht, ist über Holland eingereist. In Unna meldete sie sich am Montag offiziell bei der Kreis-Ausländerbehörde und wurde festgenommen. Bis zur ihrer Freilassung gestern Nachmittag saß sie nicht am Sterbebett, sondern im Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg.

Für Rainer Stratmann, Ordnungsdezernent des Kreises Unna ging alles mit rechten Dingen zu: „Die Frau ist illegal eingereist, wir haben sie festnehmen müssen.“ Schon 2000 sei Tone Spaqi rechtskräftig abgeschoben worden, jetzt habe der Richter ohne zu Zögern den Haftbefehl ausgestellt: „Wenn sich ein gesuchter Dieb bei der Polizei meldet“, so der Dezernent, „dann muss die Polizei den doch auch festsetzen.“ Außerdem habe das Ausländeramt im Vorfeld legale Wege aufgezeigt: Frau Spaqi hätte ein Visum und damit eine „Betretungserlaubnis“ beantragen können.

Und nun gehöre auch einiger „Mut“ dazu, dass die Kreisverwaltung nach Presseberichten und Verhandlungen die Frau freilässt, lobt sich Stratmann – auch für die Einweisung ins Gefängniskrankenhaus: „Ein gutes Krankenhaus“, versichert Stratmann, die Frau sei bei ihrer Inhaftnahme in Ohnmacht gefallen – man habe man sie aber nicht ins ferne Neuss verlegt. Ob erst der öffentliche Druck zum Umdenken geführt habe? „Nein, dass weiß doch jeder, das sehen auch unsere Mitarbeiter so!“

Für Hans-Ulrich Bangert, den Vorsitzenden des Flüchtlingrates im Kreis Unna war es eine Gewissensfrage. Am Donnerstag las er von dem Fall im Hellweger Anzeiger. Dann hat er alles versucht die Frau trotz Fronleichnam sofort wieder frei zu bekommen. „Es kann ja sein, dass der Mann in Kürze stirbt“, sagt Bangert. Deshalb hat er mit Bundestagsabgeordneten, der Kirche, dem Kreisdirektor, den Ärzten, den Verwandten gesprochen. „Die sagten mir, die Frau habe vom Bundesamt in Dortmund grünes Licht für die Einreise bekommen“, und deshalb sei sie in Ohnmacht gefallen. Für Bangert geht es dabei gar nicht um Kritik am Ausländerrecht – „aber ich verstehe nicht, wieso die Beamten nicht differenzieren konnten!“ Statt sie einzubuchten, sollte die Ehefrau besser einen Orden bekommen für vorbildliche Sterbebegleitung – sie wollte eben so schnell wie möglich zu ihrem Mann. „Es freut mich, dass der Krimi jetzt wenigstens ein Happy End gefunden hat“. In Zukunft sollten solche Fälle nicht nur Beamte beraten, sondern Pfarrer und andere Fürsprecher hinzu gezogen werden. „Da ist das Gewissen wichtiger.“

Auch Vitor Spaqi ist nun erleichtert. „Hauptsache, die Frau ist bei ihrem Mann!“, sagt der in Baden-Württemberg lebende „christliche Albaner“. Dass die Bürokratie so etwas anordne, das habe sie allesamt schon geschockt. Der Vater des todkranken Anton sei vor 40 Jahren nach Deutschland gekommen: „Wir leben schon in der zweiten Generation hier, sind voll integriert“ – im Kreis Stuttgart, setzt er schnell hinzu.