Hafencity in der Krise: "Wir planen hier für 150 Jahre"
Büro-Leerstände häufen sich, aber die Planer bleiben optimistisch: Stadtentwicklungs-Senatorin und Hafencity-Geschäftsführer sehen kein Problem.
Manchmal kollidiert die Vision mit der Realität. Da geht ein schlaues Konzept nicht auf, obwohl es so fortschrittlich gedacht war - derzeit zu besichtigen anhand der Hafencity: Eine ideale Mixtur aus Büro- und Wohnbebauung mit zehn Kilometern öffentlich nutzbarer Wasserkante hatte man angepeilt. Hafencity-weit sollen 37 Prozent der Flächen allgemein zugänglich sein. Zudem soll ein Drittel der insgesamt 5.500 Wohnungen Baugenossenschaften, Baugemeinschaften und dem sozialen Wohnungsbau vorbehalten sein. Der Rest würde lukrativ an Investoren und Unternehmen vergeben.
So dachten die Planer anno 2000, als der Masterplan für die westliche Hafencity zwischen Sandtorkai und Lohsepark entstand. Ein in jeder Hinsicht florierender Stadtteil sollte es werden, inzwischen sieht das anders aus: "Büroräume zu vermieten" steht an etlichen Gebäuden des renommierten Überseequartiers, vereinzelt auch am Sandtorkai. Die Lage ist so desolat, dass man erwägt, Büroflächen umzuwidmen und 300 bis 400 Wohnungen hineinzusetzen. Und dass das Bezirksamt Mitte in die Hafencity muss, um Leerstände zu mindern, machte bereits vor Monaten die Runde.
"Alles kein Problem", fand Stadtentwicklungs- und Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) am Donnerstag beim "Zehnjährigen" des Masterplans West. "Dies wird ein Stadtteil mit einer guten Mischung aus Wohnen und Arbeiten." Über Leerstände ging auch Jürgen Bruns-Berentelg, Geschäftsführer der Hafencity GmbH, elegant hinweg: "Im Grundsatz ist die Nachfrage unter Investoren riesig", beteuerte er. "Immerhin", so Bruns-Berentelg, "planen wir hier für die nächsten 150 Jahre!"
In deren Verlauf werde sich erweisen, dass das Konzept funktioniere; die Bevölkerungsstruktur der Hafencity zeige es schon jetzt. "Dies ist kein Ort, an dem nur reiche Alte wohnen", sagte auch Hajduk. Denn bereits jetzt, da erst 850 Wohnungen fertig seien, bestünden zwölf Prozent der Haushalte aus Familien mit Kindern - eine mit Eimsbüttel vergleichbare Quote. Dass man ursprünglich weder Schule noch Kita geplant hatte, sei vergessen. "Das Vertrauen ist jetzt da", weiß Bruns-Berentelg. Hajduk: "Wir haben keine Fehler gemacht." Denn alles, was man nachjustiert habe, sei im Grunde stets geplant gewesen. Nun gut, vielleicht nicht die günstigen Ateliers für Künstler im Oberhafen - neben Baakenhafen und Elbbrückenzentrum eins der noch unfertigen östlichen Hafencity-Quartiere. Das Bewusstsein, dass auch Künstler in die Hafencity gehören, mag durch deren Gängeviertel- und Frappant-Proteste gestärkt worden sein. "Aber im Grunde war uns das immer klar", sagt Hajduk. Wie viel Prozent des Oberhafens an Künstler gehen, verriet sie nicht: Der Masterplan für die Hafencity Ost werde im Mai enthüllt.
Er wird auch die Bebauung des Baakenhafens präzisieren. Vor allem Wohnungen wird es dort geben; erste Grundstücke werden 2011 ausgeschrieben. Das angrenzende Elbbrückenzentrum dagegen wird hauptsächlich Unternehmen beherbergen. In ihnen sollen 20.000 der insgesamt 40.000 Arbeitsplätze entsehen, die die Hafencity dereinst bieten will.
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