Härteres Jugendstrafrecht: Kochs Vorschlag erntet Kritik
Die SPD und der Richterbund sprechen sich gegen eine Verschärfung des Jugendstrafrechts aus. Bestehende Gesetze reichen aus, so die Richter. Herausforderin Ypsilanti wirft Koch Populismus vor.
FRANKFURT/MAIN/BADEN-BADEN/MÜNCHEN ap Die Forderungen von Hessens Ministerpräsident Koch, der eine Verschärfung des Jugendstrafrechts fordert, sind auf breite Ablehnung gestoßen.
Seine Herausforderin Andrea Ypsilanti, warf ihm Populismus vor. "Der Zungenschlag, den Herr Koch in die Diskussion gebracht hat, ist schräg", sagte die Spitzenkandidatin für die hessische Landtagswahl dem Bayerischen Rundfunk. Man dürfe in der Diskussion nichts überstürzen, nur "um einen Populismus zu bedienen".
Jugendliche Straftäter hätten meist eine abgebrochene Schullaufbahn, keine Ausbildung und keinen Arbeitsplatz, sagte Ypsilanti. Das Thema brauche deshalb eine differenzierte Betrachtung und eigne sich nicht für den Wahlkampf. Erziehungscamps nach amerikanischem Vorbild lehnte Ypsilanti ab. Auch die von Koch geforderte schnellere Abschiebung krimineller ausländischer Jugendlicher sieht die SPD-Politikerin skeptisch. Die derzeitige Rechtslage reiche aus, so Ypsilanti.
Dem stimmte auch SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz zu. Es handle sich um eine Scheindebatte, die nach den Landtagswahlen schnell wieder beendet sein werde, sagte er den Ruhr Nachrichten.
Der Deutsche Richterbund kritisierte die Debatte um ein härteres Jugendstrafrecht als überflüssig. In der Neuen Osnabrücker Zeitung erklärte der Vorsitzende des Richterbundes, Christoph Frank: "Die Formel härtere Strafen gleich höhere Abschreckung gleich weniger Straftaten ist schlicht falsch." Die Politik erliege hier erneut der Versuchung, Fragen des Strafrechts für schnelle und plakative Botschaften zu missbrauchen, kritisierte der Oberstaatsanwalt. "Das Thema ist aber viel zu ernst, um vor Wahlen immer wieder instrumentalisiert zu werden." Auch er bezeichnete das gesetzliche Instrumentarium für den Umgang mit straffälligen Jugendlichen als absolut ausreichend.
Defizite gebe es vielmehr im Bereich der kommunalen Erziehungsangebote für Straftäter: "Jugendgerichte können die gesetzlichen Instrumente nicht vollständig nutzen, weil es in den Gemeinden oft an Personal und Maßnahmen fehlt, die sich um straffällige Jugendliche kümmern", erklärte Frank.
Ministerpräsident Roland Koch zeigt sich von alledem gewohnt unbeeindruckt - trotz massiver Kritik von Experten und aus der SPD hält er an seiner Forderung nach einem härteren Vorgehen gegen jugendliche Gewälttäter mit Migrationshintergrund fest. Im Südwestrundfunk sagte der CDU-Politiker, "die Wahrscheinlichkeit, dass es dort zu solchen Auffälligkeiten kommt", sei sehr viel höher als bei den übrigen Deutschen.
Koch sagte, von den Delikten mit körperlicher Gewalt gehe die Hälfte von jungen Menschen unter 21 Jahren aus, dies beschreibe die gesamte Jugendkriminalität. Die Hälfte der Delikte würden von jungen Menschen mit Migrationshintergrund begangen. Dies sei "das besondere Problem", wird Koch zitiert. Nur eine Kombination aus Integration, Klarheit und Härte könne dieser Entwicklung gegensteuern. Zum Vorwurf, er wolle mit seinen Äußerungen um Stimmen am rechten Rand werben, sagte Koch, die demokratischen Parteien dürften solche Themen nicht radikalen Parteien überlassen.
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