Hackerangriff auf E-Mail-Programm Gmail: China vs. Google, nächste Runde
Nutzer von Googles E-Mail-Dienst sollten achtsam sein: Der Netzkonzern hat eine Attacke auf Gmail enttarnt. Die Angreifer sollen aus China stammen - dort sieht man sich selbst als Opfer.
MOUNTAIN VIEW/PEKING dpa | Schon wieder sind Google-Nutzer zum Ziel einer Cyber-Attacke geworden. Sogar US-Regierungsmitarbeiter hat es dieses Mal getroffen. Und schon wieder sollen Chinesen dahinterstecken. Die Regierung in Peking reagierte empfindlich auf die neuerlichen Vorwürfe aus den USA. Das Verhältnis zwischen dem Regime und dem weltumspannenden Internetkonzern ist ohnehin angespannt.
Unbekannte sind nach Angaben von Google in hunderte Konten seines E-Mail-Dienstes Gmail eingedrungen, der in Deutschland als Googlemail firmiert. Zu den Geschädigten gehören demnach neben ranghohen US-Regierungsmitarbeitern auch chinesische Regimegegner, Journalisten, Militärs sowie Amtsträger aus Asien, vor allem aus Südkorea.
Die Angreifer hätten sich mit einem Trick die Passwörter erschlichen und dann vermutlich den E-Mail-Verkehr ausspioniert, teilte Google-Sicherheitsexperte Eric Grosse am Mittwoch im firmeneigenen Blog mit. Google habe die Attacke bemerkt und unterbunden. Die Geschädigten seien informiert und ihre Konten gesichert worden. Zudem habe Google die Behörden unterrichtet.
Die Attacke ist nach den ersten Erkenntnissen von Google aus der ostchinesischen Stadt Jinan heraus geführt worden. Nach Angaben des Wall Street Journal gibt es dort sowohl einen Aufklärungsstützpunkt der Volksbefreiungsarmee als auch eine große IT-Schule, die bereits zuvor durch eine Cyber-Attacke aufgefallen sei.
China dementiert
Google forderte alle Nutzer von Gmail zur Wachsamkeit auf. Sie sollten ihre Konten auf ungewöhnliche Einstellungen etwa bei der E-Mail-Weiterleitung überprüfen und sichere Passwörter verwenden. "Wir können nicht sagen, wer dafür verantwortlich ist", räumte Google-Sprecher Kay Oberbeck ein.
Die chinesische Regierung wies jede Mitschuld an der neuerlichen Attacke zurück. "Es ist absolut inakzeptabel, China die Schuld für diese Probleme zuzuschieben", sagte Außenministeriums-Sprecher Hong Lei am Donnerstag in Peking. "Diese Hacker-Vorwürfe sind komplett haltlos und mit einem Hintergedanken gemacht worden."
Google war bereits Ende 2009 zum Ziel von Hackern geworden, die versucht hatten, in die Computersysteme des Konzerns einzudringen und E-Mail-Postfächer von chinesischen Dissidenten zu knacken. Google hatte die Spur damals ebenfalls bis nach China zurückverfolgt und die offene Konfrontation mit der Regierung in Peking gewagt. Das hätte beinahe dazu geführt, dass Google sich komplett aus dem Land hätte zurückziehen müssen.
China sieht sich als Opfer
"Hacker-Attacken sind ein internationales Problem und China ist ebenfalls ein Opfer", sagte der Ministeriumssprecher in Peking. "China ist schon immer gegen Internetkriminalität vorgegangen, auch gegen Hacker-Angriffe, und wird weiterhin mit aller Entschlossenheit durchgreifen."
Hacker-Angriffe nehmen immer bedrohlichere Ausmaße an. Erst jüngst war der US-Rüstungskonzern Lockheed Martin zum Ziel geworden. Dabei wurden nach Firmenangaben aber letztlich keine Daten entwendet. Das Pentagon stuft Hacker-Angriffe mittlerweile sogar als Kriegshandlung ein und droht mit realen Vergeltungsschlägen.
Der neuerliche Angriff auf Google richtete sich jedoch nicht direkt gegen den Internetkonzern. "Diese Kampagne hatte nicht die internen Systeme von Google zum Ziel, sondern sollte Passwörter von Nutzern abfangen", erläuterte Google-Sprecher Oberbeck den Unterschied zum Vorfall Ende 2009. Sogenannte Phishing-Attacken, bei denen unter einem Vorwand die Zugangsdaten für Postfächer, Bankkonten oder Kreditkartennummern entlockt werden, sind im Internet weit verbreitet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen