HIV–infizierter Pfleger suspendiert

■ Ohne sein Wissen wurde das Blut eines Krankenpflegers auf HIV–Antikörper untersucht / Positives Ergebnis wurde Arbeitgeber mitgeteilt / Unter fadenscheinigen Gründen wurde er beurlaubt

Von Eberhard Löblich

Braunschweig (ap) - Ein HIV– infizierter Krankenpfleger darf nicht mehr an seinem alten Arbeitsplatz in einer Klinik der Stadt Braunschweig arbeiten. Stadtverwaltung und Pflegedienstleitung der städtischen Krankenhäuser begründen dieses Verbot mit dem Schutz des infizierten Pflegers vor Infektionskrankheiten. Weder der 34 Jahre alte Betroffene noch der AIDS–Beauftragte Niedersachsens Professor Windorfer, Leiter der Gesundheitsabteilung im Sozialministerium, schenken dieser Begründung aber Glauben. Windorfer kündigte sogar an, das Sozialministerium werde den Pfleger im Kampf um seinen Arbeitsplatz unterstützen - notfalls mit einer Klage gegen die Stadt. Der Streit entbrannte, als dem Pfleger nach einem Unfall im ver gangenen Jahr in einem städtischen Krankenhaus routinemäßig Blut abgenommen wurde. Der behandelnde Arzt ordnete ohne Wissen des Patienten an, die Blutprobe auf HIV–Antikörper zu untersuchen. Der AIDS–Test verlief positiv. Das Ergebnis wurde nicht dem Patienten, sondern dessen Arbeitgeber mitgeteilt. Gegen den Arzt, der diese Benachrichtigung unter Kollegen veranlaßt hatte, strengte der Pfleger ein Verfahren wegen Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht an, das nach Auskunft des Braunschweiger Sozialdezernenten noch anhängig ist. Als der Mann nun nach längerer Krankheit an seinen Arbeitsplatz kommen wollte, wurde ihm die Rückkehr verwehrt - wegen der angeblichen Infektionsgefahr. Dagegen argumentiert Windorfer, weder für den Pfleger noch für die Patienten der Station bestehe bei Einhaltung der normalen Sicherheits– und Hygienevorschriften irgendein Infektionsrisiko. Die Stadtverwaltung will den gegenwärtig beurlaubten Pfleger nach Angaben von Sozialdezernent Bernd Gröttrup weiter im Pflegedienst beschäftigen. Zunächst bot die Stadt ihm jedoch die Versetzung in die Telefonzentrale an. Das lehnte der Mann ab. Er sei als Pfleger eingestellt worden, und in diesem Berufsfeld wolle er auch arbeiten. Nach längerer Suche glaubte die Verwaltung, einen geeigneten Arbeitsplatz für den Mann gefunden zu haben. In einer anderen städtischen Klinik, in der hauptsächlich leichtere psychiatrische Krankheiten behandelt werden, sollte der Mann künftig seinen Dienst verrichten. Mit diesem Vorschlag stieß die Stadt jedoch auf Widerstand bei den Ärzten und dem Pflegepersonal dieser Klinik. Diesem Verhalten des Personals kann der AIDS–Beauftragte Windorfer kein Verständnis entgegenbringen. Gerade aus dem Gesundheitsbereich werde immer wieder vehement gegen die Isolierung von HIV–Infizierten gestritten, sagte er. In der vergangenen Woche hat sich der Streit um den Arbeitsplatz verschärft. Dem Pfleger wurde schriftlich mitgeteilt, daß seine Gehaltszahlungen ab sofort einbehalten würden. Damit, sagte Sozialdezernent Gröttrup, solle der Betroffene gezwungen werden, sich noch einmal der Betriebsärztin vorzustellen. Die Notwendigkeit einer solchen Untersuchung durch die Betriebsärztin wolle der Pfleger aber nicht einsehen. Er sei bereits zweimal von der Ärztin untersucht worden, und seitdem habe sich an seinem Gesundheitszustand nichts geändert.