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■ H.G. HolleinFormschön

Die Frau, mit der ich lebe, achtet darauf, daß ich in Form bleibe. Das klingt fürsorglich, bedeutet aber tatsächlich nicht unerhebliche Eingriffe in meine körperliche Entwicklung. Mit 40+X Jahren hat sich die leibliche Hülle des Schmelzes der angeborenen Anmut nun mal merklich begeben, und auch wenn meine Atemtechnik beim allmorgendlichen Einstieg in die Hose inzwischen Perlentaucherniveau erreicht hat, ist eben irgendwann die Luft raus, und die Leibesmitte offenbart ein – nun ja – eher konkaves Profil.

Es hilft unter dem abschätzig-versonnenen Blick der Gefährtin nichts, den sogenannten Waschbrettbauch als einen lediglich von der Werbung oktroyierten Paradigmenwechsel abzuqualifizieren. In der Post ist seit kurzem ein verdächtig signifikanter Anstieg von Prospekten nahegelegener Fitneßclubs zu vermerken. Darüber hinaus häufen sich scheinbar beiläufige Verweise auf gute Bekannte in meinem Alter, die ja „auch“ jeden Morgen eine halbe Stunde joggen würden, und dem Verschwinden saftiger Schinkenscheiben zugunsten fettarmen Korbkäses auf dem Frühstückstisch liegt ebenfalls eine deutlich ultimative Tendenz zugrunde.

Ich könnte ja auf einem selbstbestimmtem Erscheinungsbild bestehen, aber bei einem geruhsamen Nachmittag in der Sauna fortwährende Seitenblicke auf die jüngeren unter den Geschlechtsgenossen von einem anerkennenden „Ja, doch!“ gefolgt zu wissen, ist dem Selbstwertgefühl nicht über die Maßen zuträglich.

Kurzum, seit zwei Wochen trinke ich nur noch Mineralwasser, esse Bananen statt Brötchen und pumpe alle drei Tage Gewichte. Ich finde mich zwar noch nicht merklich straffer, aber der Blick der Gefährtin hat zumindest etwas von seiner zuchtmeisterlichen Strenge verloren. Statt dessen läßt sie mir im Vorübergehen den ein oder anderen Kniff in gewisse Körperregionen zuteil werden und äußert auch schon mal einen motivierendes „Das wird noch'n echt toller Body, Schatz.“

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