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HEUTE IM WEHRSCHLOß: Melvins Underground

Neben Sonic Youth gehören die Melvins zu den einflußreichsten Bands des aktuellen U.S.-Undergrounds. Nicht nur Nirvana weisen ständig auf das seltsame Trio hin — eine ganze neue Generation von Gruppen ist zumindest indirekt von den Melvins beeinflußt. Ihre „Slow Grinding Heavy Riffs“ erinnern am ehesten an dickfellige Punk-Elefanten. Die „Schneller-lauter-härter“-Rufe der gelangweilten Hardcore- Szene quittieren die drei unbeeindruckt mit immer langsameren und lauteren Gitarrensound. Bevor die Melvins ihr neues Album „Lysol“ einspielten, arbeiteten sie noch kurz ihre Jugend auf und produzierten drei Solo-EPs, die den legendären Kiss-Solo-Alben täuschend ähnlich sehen. Bei diesem skurilen Projekt war auch schon Joe Preston (ex-Earth) mit von der Partie, der ab sofort die Shirley Temple-Tochter Lorax am Bass ersetzt.

Ebenfalls zu Gast sind Cop Shoot Cop, die Anfang des Jahres bereits im Modernes für Aufsehen und gewaltige T-Shirt-Verkäufe sorgten. Das New Yorker Quartett geht so konsequent anders mit Musik um, daß der Hype in einschlägigen Zeitgeist-Gazetten kurz vor der Tür steht. Mit Sampling-Maschine, Drums und zwei Bässen wird dem Publikum zu Leibe gerückt. Die Gitarre wurde nicht etwa beschlagnahmt, sondern findet bei Cop Shoot Cop einfach keinen Platz. Rock'n'Roll wird durch die Zerstörung liebgewordener Rock-Klischees definiert. Statt sich mit endlosen Gitarren-Soli aufzuhalten, rammen Cop Shoot Cop ihren HörerInnen Zynismus in die Ohren und hämmern ihn mit steinharten Beats wieder raus.

Die Gitarren Clowns und die Rhytmus Zyniker sind vieleicht eine seltsame Mischung, aber beide Bands werden sicher nicht nur in Ohren und Magengegend für bleibende Eindrücke sorgen. StErn

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