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HESSENS KOCH (VOR)ENTSCHEIDET SICH FÜR STARTBAHN NORDRespekt gebührt dem Widerstand

Roland Koch hat (vor)entschieden: Im Norden des Frankfurter Rhein-Main-Airports soll eine neue Landebahn gebaut werden. Damit hat sich der hessische Ministerpräsident und CDU-Vorsitzende politisch weit aus dem Fenster gelehnt: In den Kommunen um den Flughafen stehen im Vorfeld der für Frühjahr 2001 geplanten Kommunalwahlen selbst die CDU-Bürgermeister Kopf. Und seiner Parteifreundin Petra Roth (CDU) könnte Koch den OB-Wahlkampf vermasselt haben. Denn die Nordwest-Option wird diversen Frankfurter Stadtteilen mehr Fluglärm bescheren. Respekt also.

Respekt? Ob der Flughafen überhaupt ausgebaut werden muss, war bei der aktuellen Entscheidungsfindung keine zu diskutierende Frage mehr. Diese Arbeit hat sich Koch von den Mediatoren abnehmen lassen, deren Auftraggeber noch Hans Eichel (SPD) war. Deshalb sitzt die SPD mit im Boot. Das relativiert Kochs – von der FDP kritisierten – Mut zur Offensive. Und mindert den Respekt.

Die Politik wäre verpflichtet gewesen, die Arbeit der Mediatoren noch einmal einer kritischen Würdigung zu unterziehen: ökologisch und ökonomisch. Denn wirtschaftlich ist die Nordbahn die teuerste Option. Nicht nur deshalb ist es legitim, die Landebahn Nord mit allen legalen Mitteln verhindern zu wollen. Schallereignisse von mehr als 60 Dezibel im Minutenabstand sind nicht zu ertragen. Im Osten von Flörsheim oder in Eddersheim wird niemand mehr leben wollen – wo sollen die 100.000 Menschen einmal wohnen, die angeblich nach einem Ausbau des Rhein-Main-Flughafens eine neue Arbeit finden werden? Im märkischen Sand? Eine Garantie für die neuen Jobs gibt es ohnehin nicht – weder von Koch noch von der FAG.

Koch verspricht ein Nachtflugverbot. Nicht nur dabei hat der Ministerpräsident ein Problem – denn wer dreimal lügt, dem glaubt man nicht. Und gelogen hat Koch im Zusammenhang mit der Schwarzgeldaffäre der hessischen Union mehrfach. Die FAG kündigt an, ein Nachtflugverbot mit allen Mitteln verhindern zu wollen. An seine Realisierung glaubt in der Region – nach zwanzig Jahren des vergeblichen Kampfes – ohnhin kein Mensch mehr. Und nach dem Landebahnbau im Jahre 2005 ist das „heilige Versprechen“ von Koch, das Nachtflugverbot durchsetzen zu wollen, nur eine weitere kleine Lüge unter Freunden (und Feinden).

Respekt also – vor all denen, die Koch nicht glauben und den Kampf gegen Landesregierung und FAG wieder aufnehmen. Für mehr Lebensqualität, die sich eben nicht nur kollektiv am Wirtschaftswachstum (be)messen lässt.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

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