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Archiv-Artikel

HENRICO FRANK BESTÄTIGT JEDES KLISCHEE VON LANGZEITARBEITSLOSEN Scheitel des Scheiterns

Die Geschichte ist zwar schon Jahre her, aber „Florida-Rolf“ bleibt ein Begriff: Das war der Sozialhilfebezieher, der nicht schlecht in Miami lebte. Was für ein Skandal. Die medial mobilisierte Aufregung führte gar dazu, dass es gesetzlich erschwert wurde, Sozialhilfe im Ausland zu beziehen. Dabei siegte der Populismus, nicht die Vernunft, denn mit diesem Heimatzwang wurde die Sozialhilfe teurer: Schließlich lebt es sich in vielen Ländern billiger als in der Bundesrepublik.

Nun hat Florida-Rolf einen Kollegen bekommen: Henrico Frank. Auch er dürfte sich für immer in das deutsche Kollektivgedächtnis eingraben. Ist ja noch schöner, dass ein Arbeitsloser nicht zu einem Termin mit dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck erscheint. Man wusste doch schon immer, dass Arbeitslose gar nicht arbeiten wollen und selbst schuld an ihrem Schicksal sind.

Im Fall Henrico Frank sind viele PR-Fehler passiert und die Erwerbslosen-Initiativen erwägen auch schon, ob sie ihre Aktivisten nicht im Umgang mit den Medien schulen sollten. Attac, zum Beispiel, bietet längst solche Kurse für Globalisierungskritiker an. Aber die Frage ist doch, ob den Arbeitslosen mit gekonnter Öffentlichkeitsarbeit noch zu helfen ist. Denn egal, was die Langzeitarbeitslosen tun: Sie bestätigen immer die Vorurteile vom Faulenzer.

Die Langzeitarbeitslosen sitzen in der perfekten PR-Falle und Henrico F. ist das exemplarische Opfer. Hätte er weiter seinen neuen Seitenscheitel gepflegt und gehorsam ein Jobangebot angenommen, dann hätte er für alle Ewigkeiten verbürgt, wie recht Beck doch hatte: ein bisschen rasieren und schon hätte jeder Langzeitarbeitslose eine Stelle. Alle anderen 2,6 Millionen müssen also selbst schuld sein.

Seitdem Henrico F. seinen Scheitel wieder wachsen lässt, ist ebenfalls klar, dass Langzeitarbeitslose nichts taugen. Die Erwerbslosen sind schlicht machtlos gegen eine Gesellschaft, die es sich bequem machen will. Und nichts ist bequemer, als Opfer in Täter umzudeuten. ULRIKE HERRMANN