HASCH-POLIZISTEN VERURTEILT: "Übermotivierte Beamte"
Mit ausdrücklicher Kritik am "Korpsgeist" der Polizei geht der Prozess gegen zwei Drogenfahnder zu Ende: Sie köderten ihre Informanten mit Rauschgift.
Über den Marktplatz flanieren zwei Polizisten in historischen Wachtmeister-Uniformen, sie machen PR für ein gemütlicheres Image unserer Sicherheitsorgane. Nur ein paar Meter weiter, im Landgericht, werden zur selben Zeit zwei Kollegen verurteilt, die sich eher am Vorbild knallharter Fernseh-Fahnder à la Schimanski orientiert haben: Volker K. und Markus L. verteilten illegal Marihuana, um Informanten aus der Drogenszene auf ihre Seite zu ziehen.
Dafür müssen sie nun 18.000 beziehungsweise 9.000 Euro Strafe zahlen. Das Gericht bot 21 Verhandlungstage und 50 ZeugInnen auf - und stellte dennoch fest: "Eine Aufklärung war nur in Grenzen möglich." Insbesondere ließ sich der Vorwurf der Staatsanwaltschaft nicht beweisen, die Angeklagten hätten im Rahmen ihrer Arbeit für den Zivilen Ermittlungsdienst Süd 300 Gramm Haschisch an einen Drogenabhängigen verschenkt. Lediglich Stoff im einstelligen Grammbereich sei zwischen 2003 und 2007 "mit Sicherheit" verteilt worden. Angesichts der kleinen Mengen sei eine lange Freiheitsstrafe nicht in Betracht bekommen.
Ab einem Jahr auf Bewährung hätten die beiden 39-Jährigen aus dem Dienst entlassen werden müssen. Ob überhaupt Disziplinarmaßnahmen ergriffen werden, obliegt nun der Polizeiführung.
Das Gericht machte deutlich, dass es im Bereich der verdeckten Ermittlung im Drogenmilieu einen "Systemfehler" sieht: Die Beamten bewegten sich in einer Grauzone, die dringend einer Eingrenzung bedürfe. "Schließlich lag es ja gar nicht so fern, denen auch mal was zu geben", sagt der Richter verständnisvoll.
Dennoch hätten die beiden in der Neustadt eingesetzten Beamten wissen müssen, dass sie mit der Anfütterung von Informanten durch Naturalien "kriminell" handelten. Dabei entwickelten die Beamten offenbar ein gehöriges Maß an Selbstherrlichkeit: K. kontrollierte beispielsweise einen Radfahrer, dessen Licht nicht ging - entdeckte dabei Marihuana und überließ dem Mann ein paar Gramm, um im Gegenzug Informationen über "dickere Fische" zu bekommen. Clevere Methode? Juristisch betrachtet ist das jedenfalls Strafvereitelung im Amt.
Hinzu kamen kleinere Vergehen: L. hatte Drogen in seinem Privat-Spint auf der Neustädter Wache sowie eine unangemeldete Waffe im Schlafzimmer: eine 6,35-Millimeter-Waffe, die ihm die Oma seiner Frau kurz zuvor samt Munition im Altenheim übergeben habe. Auch K., immerhin einer von zwei Teamleitern des Ermittlungsdienstes, hatte illegal Patronen auf dem Dachboden.
Allerdings haben K. und L. nach Erkenntnis des Gerichts weder mit beschlagnahmten Drogen gedealt, noch sich sonst wie persönlich bereichert. Sie hätten gute Arbeit leisten wollen, seien aber offenbar "übermotiviert" gewesen - und hätten letztlich "dem Ansehen der Bremer Polizei schweren Schaden zugefügt". Für die Schuldverteilung aus Sicht des Gerichts ist die Kostenregelung ein Indikator: K. und L. tragen zwei Drittel der Verfahrenskosten, die Staatskasse den Rest.
Der vorsitzende Richter kritisierte ausdrücklich den "weitgehend ungebrochenen Korpsgeist" der Polizei, der die Ermittlungen behindert habe. Selbst die Innenrevision der Polizei soll belastende Aussagen über illegale Drogendeals unterschlagen haben.
Die Staatsanwaltschaft, die 14 und 18 Monate auf Bewährung gefordert hatte, will - ebenso wie die Verteidigung - auf Revision verzichten.
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