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Archiv-Artikel

HAMBURGER SZENE VON MAXIMILIAN PROBST Runter wie Butter

Es war dieser lauwarme, völlig übersüßte Kakao, den ich mir aus einer unverständlichen Laune heraus bestellt hatte, der mich an einen meiner Großonkel denken ließ. „Er hat beim Mittagessen das Vanilleeis immer in die Mikrowelle gestellt“, erzählte ich in die Runde. „Als er den Teller rausnahm, hatte sich das Eis in eine schäumende Zuckermasse verwandelt, die er sich mit dem Löffel einträufelte.“ Bäh, das sei eigentlich genauso schlimm, wie in ein Stück Butter zu beißen, fügte ich hinzu, im Bestreben, die Anekdote abzuschließen, und nicht ahnend, nun ein neues Fass aufgemacht zu haben.

„In Butter beißen? Was soll daran schlimm sein?“, fragte plötzlich einer aus der Runde. Es kleistert dir den Mund zu, vielleicht erstickt man sogar daran, so wie regelmäßig alte Japaner zu Neujahr an Omochi, ihrem traditionellen Klebreiskuchen, ersticken. Unsinn, sagte der Butterfreund. „Nie gehört: Runter wie Butter?“ Und da hatte er auch schon einen Kellner dazu gebracht, uns ein Viertelpfund aufzutischen. Ich hielt das für einen schlechten Scherz, aber der Butterfreund schlug seelenruhig das glänzende Stück aus dem Papier, und biss sich einen großen Brocken heraus. Und als ob das nicht genug wäre, reichte er die Packung weiter, reihum, und einer nach dem anderen biss, bäh, hinein, in die Butter.

Als die Reihe an mir war, hielt mich nichts mehr am Platz. Ich dachte weder an erstickende Japaner, noch an erstickende Freunde, soll’n sie doch. Ich dachte im Hinausstürmen nur noch an die ungemütlich schäumende Zuckermasse in meinem Magen und ob nicht „Runter wie Butter“ am Ende der Auftakt eines nie gehörten Zweizeilers ist, der da schließt: „raus wie Kakao“.