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■ SoundcheckGwar

Gehört: Gwar. Das war es dann wohl. Sicher, für die an Inhalten interessierte Öffentlichkeit ist der Zirkus schon seit mindestens vier Jahren vorbei, doch jetzt zeigt auch das Klientel, welches einfach nur an Show interessiert ist, deutliche Ermüdungserscheinungen. So sah sich das routinierte Show-Kollektiv aus San Francisco mit einer Menge in einer halbleeren Markthalle konfrontiert, die zum größten Teil aus Menschen bestand, die sich auch die „Rocky Horror Picture Show“in vierteljährlichem Turnus reinzieht. Kultur wird zum Zähneputzen, zur konstituierenden Routine. Das Gwar von dieser Tragik stärker betroffen sind als die vielen anderen Bands, deren Lebensinhalt Rock'n'Roll und „auf-Tour-sein“ist, haben sie sich selbst zuzuschreiben: wer das Unmögliche vollbringt und die müde Jugend schockt, muß für die Zukunft noch eine Karte im Ärmel haben. Doch alles, was die Kostümfetischisten an Progression bieten, ist eine fortschreitende Selbstironisierung. Statt neuen Höhepunkten der Körper-Auflösung werden jetzt Pinguine und Bären getreten (und hinterher ausgewaidet). Dazu verliebt sich das Ensemble in immer längere musikalische Exkursionen, was ob der Qualität des zu gleichen Teilen aus Hauruck-Punk und Stadion-Metal bestehenden Gebräus keine Freude bereitet. Freude hatten ohnehin wieder nur die ersten Reihen, deren gellender Wunsch, vollgespritzt zu werden, auch diesmal gerne erfüllt wurde. So sah man sie hinterher, von Sperma, Blut und Giftbrühe bräunlich verkrustet, aber zutiefst stolz. hv/Foto: jms

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