Guttenberg-Unterstützerseite bei Facebook: Echte oder Fake-Friends?
Über eine halbe Million Fans in wenigen Tagen. Das ließ viele Netz-Beobachter zweifeln, ob es bei der Facebook-Seite "Wir wollen Guttenberg zurück" mit rechten Dingen zu geht.
![](https://taz.de/picture/276645/14/gutti_02.20110308-15.jpg)
Facebook ist ein Thema, das deutsche Redaktionen immer wieder mit Erstaunen erfüllt - erst bei der Organisation von Revolutionen in den arabischen Ländern, und jetzt auch in Deutschland, wo nach dem Rücktritt des beliebtesten deutschen Bundesministers die Facebook-Seite "Wir wollen Guttenberg zurück" massiven Zuspruch genießt.
Über eine halbe Million Guttenberg-Fans in wenigen Tagen - das ließ viele Beobachter aus Netz- und Medienkreisen zweifeln. So behauptete der Medienstratege Peter Berger schon am Donnerstag nach Guttenbergs Rücktritt, die Fans auf der Facebook-Seite seien "genauso gefaket wie die Doktorarbeit". Und belegte das damit, dass der Zufluss an Unterstützern auch nachts nicht abnehme, viele Fans des Ex-Ministers selbst keine Freunde hätten - und die Seite des Ministers innerhalb von wenigen Tagen mehr Zuspruch generierte als die "Deutschland sucht den Supersstar"-Facebook-Seite innerhalb von zwei Jahren.
Blogger Markus Beckedahl schrieb auf netzpolitik.org schon von einer "Dunkelziffer" unter den Guttenberg-Facebook-"Fans", die der Gruppe nur beitraten, um kommentieren und beobachten zu können. Und auch die Frankfurter Rundschau veröffentlichte am Freitag einen Text über Fake-Profile bei Facebook, deren Zahl dem Guttenberg-Rücktritt sprunghaft angestiegen sein sollen. Auch Sascha Lobo, wohl bekanntester Web-2.0-Berater der Bundesrepublik, kam das alles komisch vor, er rief daraufhin in seinem Blog zur investigativen Gruppenrecherche auf. "Schummelt irgendjemand mit der Facebook-Page 'Wir wollen Guttenberg zurück'?" fragte er dort - und ruft dazu aus, offenzulegen, wie viele Freunde man beim eigenen Facebook-Profil habe, wie viele davon die Pro-Guttenberg-Seite und diverse andere Facebook-Fanseiten mochten.
So wollte Lobo errechnen, wie wahrscheinlich es ist, dass die imense Guttenberg-Beliebtheit bei Facebook tatsächlich echt ist. Seit Freitag meldeten sich über 900 Menschen bei Lobo zurück - ausgewertet hat er deren Angaben aber bislang noch nicht. Statt dessen verweist er mit dem Hinweis "Breaking News" auf die Recherchen des Rhein-Zeitungs-Journalisten Markus Schwarze, den Lobo als "absolut vertrauenswürdig" anpreist und der nach Einsicht von internen Facebook-Statistiken nicht den Eindruck hat, dass die Guttenberg-Unterstützerseite manipuliert wurde. Die Facebook-Statistik stütze diese Zahlen, schreibt Schwarze, besonders viele User der Seite kämen aus Deutschland, besonders "aus großen Städten wie München", Google und Twitter würden die meisten Leser auf die Guttenberg-Unterstützerseite spülen.
Das alles kann Schwarze mit Statistik-Screenshots von Facebook unterfüttern. Lobo recherchiert parallel dazu bei Facebook nach, steht in Kontakt mit Facebook-Marketing-Mann Philip Roth und listet auf einem eigens dafür angelegten Google-Doc alle Unregelmäßigkeiten und Regelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Seite, Visualisierungen und Statements auf. Nur eines fehlt auf der Seite bislang noch: Eine Einschätzung von Lobo, ob die Seite denn nun ein Fake ist oder nicht. Auf seinem Blog nicht. In dem Google-Doc, in dem er alle Informationen sammelt, nicht. Und erstaunlicherweise noch nicht einmal auf Lobos Lieblings-Verlautbarungsmedium Twitter.
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