Guter Vorsatz für 2009: Neues Jahr, neuer Strom
Die Energieversorger machen Rekordgewinne – auf Kosten der Verbraucher. Doch das lässt sich ändern, mit einem guten Vorsatz jenseits von Abnehmen und Nichtrauchen.
Es gibt Studien, die die Welt verändern. Oder zumindest einen kleinen Teil. Die das, was man bisher gewusst hat, einfach auf den Kopf stellen, die revolutionäre Erkenntnisse bringen, den medizinischen Durchbruch oder Ähnliches. Und es gibt die Studien, bei denen man sich denkt: Eigentlich haben wir das immer schon geahnt.
Eine solche Studie ist die der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes im Auftrag der Grünen-Fraktion, die sich mit den Gewinnen der Energiekonzerne beschäftigt. Ihr Ergebnis: In den letzten fünf Jahren haben die vier Branchenriesen ihre Gewinne mehr als verdreifacht. Noch mal langsam: die Gewinne. Nicht die Umsätze. Verdreifacht. Bei EnBW sei der Gewinn um 19 Prozent in den ersten 9 Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Das ist von Ackermannschen Visionen gar nicht mehr ewig weit entfernt. Von einer "positiven Entwicklung im Geschäftsfeld Strom" spricht dagegen lapidar der Quartalsfinanzbericht des Energieversorgers.
Addiert man die Gewinne, der vier Versorger EnBW, Eon, Vattenfall und RWE, kommen noch beeindruckendere Zahlen zu Stande: 80 Milliarden Euro Gewinn, errechnete die Uni, haben die vier von 2002 bis 2007 gemacht. Das klingt auch noch in Zeiten, in denen es von Millionen und Milliarden nur so wimmelt, nach einer Menge Geld.
Natürlich kommen die Milliardengewinne nicht von nichts. Sondern von dem einfachsten Gedanken seit es Monopole gibt: Erhöhe die Preise und du steigerst deinen Gewinn. Die Stromversorger haben das in der Vergangenheit vorbildlich demonstriert und werden auch im kommenden Jahr nicht zögern, die Gewinne weiter nach oben zu schrauben. Schon jetzt steht fest, dass rund 400 der regionalen Grundversorger ihre Tarife zum Jahresanfang erhöhen werden, um – Achtung, jetzt kommt noch eine zweistellige Zahl – bis zu 21 Prozent.
Dass die Unternehmen die steigenden Preise mit der "allgemeinen Marktentwicklung" und dem Spruch "der Markt macht den Preis" begründen, ist nur zur Hälfte ehrlich. Denn um eine Preisentwicklung mit den Marktkräften zu begründen, muss es erst einmal einen vernünftigen Wettbewerb geben. Dass das im Stromsektor nicht der Fall ist, erkennt man schon daran, dass zwar – im Zuge der Finanzkrise – in jüngster Zeit die Rohstoffpreise gefallen sind. Wer jedoch vorher steigende Tarife mit steigenden Rohstoffpreisen begründet hat, müsste nun folgerichtig den Strom wieder billiger machen. Doch passiert ist nichts – alles andere würde ja auch den Gewinn schmälern.
Für den Verbraucher lohnt also ein genauer Blick auf die Preislisten. Und die bergen für alle, die sich lange nicht mit Strompreisen beschäftigt haben, was verständlich weil frustrierend ist, einige Überraschungen. Ökostrom muss gar nicht teurer sein als Kohle- und Atomstrom. Gerade für Vielverbraucher wie Großfamilien kann sich Ökostrom auch finanziell lohnen, weil zwar die Grundgebühren verhältnismäßig hoch sind, der Preis pro Kilowattstunde im Vergleich zu Tarifen von konventionellen Stromanbietern aber niedrig liegt.
Natürlich kann man angesichts der Studie darauf warten, dass die Politik endlich für mehr Transparenz und Wettbewerb sorgt. Natürlich kann man darauf hoffen, dass alles besser wird, wenn die Stromnetze von Eon und Vattenfall verkauft sind. Aber man kann auch selbst einen kleinen Schritt machen: Wenn der eigene Stromanbieter eine Preiserhöhung ankündigt, sollte niemand auf eine zweite Aufforderung warten. Denn mit der Tariferhöhung hat der Kunde ein Sonderkündigungsrecht. Daher: Stift, Papier und Briefmarke genommen und eine Kündigung abgeschickt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Es bleibt mehr übrig im Geldbeutel, wer zu einem Ökostrom-Anbieter wechselt, tut etwas Gutes für die Umwelt und zeigt, dass er sich die Preispolitik der Energieriesen nicht gefallen lässt. Darüber hinaus gilt: Je mehr Kunden ein kleiner Anbieter hat, desto stärker kann er die Grundgebühr senken, weil im Verhältnis weniger Kosten anfallen. Daher: Jetzt wechseln. Und im nächsten Jahr das gute Gewissen genießen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg