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Archiv-Artikel

Guter Rat muss nicht teuer sein

Die Bremer Uni lässt sich bei Berufungen von den Kienbaum-Leuten beraten – ca. 500.000 Euro hat das bisher gekostet. Nun melden sich erfahrene Bremer Manager im Ruhestand: Der Senior Service würde das ehrenamtlich und besser machen

Bremen taz ■ „Die Idee ist gut, im Prinzip auch mit Kienbaum“, sagt der Bremer Geschichtsprofessor Hans Kloft. „Aber…“ – und da wird der Hochschullehrer wortkarg. So richtig überzeugt scheint er nicht davon zu sein, dass sich der Einsatz der Unternehmensberatung Kienbaum an der Universität auszahlt.

Die Unternehmensberater von Kienbaum beraten die Bremer Universität seit zwei Jahren bei Berufungsverfahren. Ein Fachbereich kann mit der Universitätsspitze eine solche Beratung vereinbaren. Die Berufungskommission meldet dann die fünf BewerberInnen, die in der engeren Wahl sind, bei Kienbaum-BeraterInnen an. Diese prüfen die BewerberInnen auf ihre Kommunikations- und Führungsqualifikation und geben ihre Ergebnisse zurück. Die Berufungskommission wählt dann drei BewerberInnen für die Berufungsliste aus.

Sinn der Sache: Hochschullehrer sollen nicht mehr dem Klischee des verstaubten Forschers entsprechen, der eigentlich nur im Keller in seinen Akten wühlen will. Neben der wissenschaftlichen Qualifikation sollen Hochschullehrer heute kommunikativ sein und als Institutsleiter auch Manager-Qualitäten mitbringen. Beim klassischen Aufstieg über Doktorarbeit und Habilitation wurde danach bislang kaum gefragt.

Einen Berater von Kienbaum zu engagieren, ist indes nicht ganz billig, 5.000 Euro muss die Universität pro BewerberIn bezahlen. In rund 100 Berufungsverfahren hat sich die Uni diese Beratung bisher ca. 500.000 Euro kosten lassen. Und die Ergebnisse waren bislang so, dass man an der Uni kaum darüber spricht. Die Angaben der Kienbaum-BeraterInnen seien „nicht sehr eindeutig“ gewesen, sagt Geschichtsprofessor Kloft. Kritischer will er sich nicht äußern. Aber es scheint, als verstünden die BeraterInnen von Kienbaum den Auftrag der Bremer Uni als eine Art Testballon, der ihnen einen neuen Markt für Beratungsaktivitäten eröffnen könnte.

Der inzwischen emeritierte Hochschullehrer Kloft hatte Kontakt zu ehemaligen ManagerInnen, die sich als muntere RentnerInnen in Bremen im Kreis des „Senior Service“ zusammengeschlossen haben. Der Senior Service machte im Frühjahr das Angebot, seinerseits die Uni zu beraten – anstelle von Kienbaum, ehrenamtlich und mindestens genauso kompetent. Anfang September fand ein Gespräch mit dem Kanzler der Universität darüber statt. Ergebnis: Die Universität wolle das alternative Angebot in einem Berufungsfall wahrnehmen und ausprobieren.

Allerdings, so heißt es einem Brief des Kanzlers Gerd-Rüdiger Kück an den Senior Service, habe „leider die senatorische Behörde darum gebeten“, die beiden aktuellen Berufungen beim Zentrum für Europäische Rechtspolitik mit Kienbaum duchzuführen. Der Testlauf mit dem Senior Service solle also später stattfinden.

Beim Senator für Wissenschaft weiß man nichts davon. Im Gegenteil: Das Angebot des Senior Service werde uneingeschränkt begrüßt und in einzelne Verfahren der Uni mische sich die Behörde ohnehin nicht ein: „Das ist die Entscheidung der Universität“, sagt der Sprecher von Bildungssenator Willi Lemke. Der Kanzler selbst möchte sich zu seiner Formulierung nicht äußern und lässt die Sprecherin der Uni lediglich mitteilen, man habe einvernehmlich – Uni und Ressort – beschlossen, dass die beiden Berufungen am „Zentrum für Europäische Rechtspolitik“ (ZERP) von Kienbaum begleitet werden sollen.

Nun wartet der Senior Service ab, wann sein ehrenamtlicher Rat gefragt wird.

Klaus Wolschner