Gute Ernährung: Bürger gegen Billigfleisch

Das Agrarpolitische Bündnis will Billigfleisch aus Kantinen verbannen. Die Grünen unterstützen das – und auch die SPD. Vor einem Jahr war die noch skeptisch

Soll nach dem Willen des ABB künftig aus artgerechter Haltung stammen: Kantinenfleisch. Foto: dpa

BREMEN taz | Das Agrarpolitische Bündnis Bremen (ABB) setzt sich gegen den Verkauf von Billigfleisch in Bremens Kantinen ein. Die AktivistInnen sammeln Unterschriften für einen entsprechenden Bürgerantrag. Mit einem ähnlichen Antrag in der Bürgerschaft waren die Grünen im vergangenen Jahr an der SPD gescheitert.

Zum ABB gehören unter anderem der BUND, die Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft und Brot für die Welt. Bei öffentlichen Veranstaltungen der Stadt soll nach deren Forderung nur noch Fleisch aus artgerechter Tierhaltung genutzt werden. Und bis zum Jahr 2020 fordert das Bündnis dies auch für öffentliche Kantinen. Darüber hinaus soll dort ein Viertel aller Fleisch- und Milchprodukte aus ökologischer Herstellung stammen.

Das sei keineswegs unrealistisch, sagt Peter Bargfrede, Sprecher des ABB. Er verweist auf ein Gutachten des Unternehmens Averdis von Anfang des Jahres, das die Preissteigerung durch eine Umstellung auf Fleisch aus artgerechter Haltung auf unter zehn Prozent schätzt. „Die Leute werden merken, dass sie nicht das Doppelte in Mensen bezahlen müssen.“ Zudem seien ethische, ökologische und gesundheitliche Aspekte wichtiger als die Kosten.

„Wenn Nitrat durch Gülle in Mastbetrieben ins Trinkwasser gelangt, betrifft das alle“, sagt Bargfrede. Die Politik habe hier insbesondere an öffentlichen Orten eine moralische Pflicht: „Kindern antibiotikazersetzte Gerichte in Schulmensen vorzusetzen, ist unverantwortlich.“

Bürgeranträge gibt es in allen Bundesländern, andernorts heißen sie auch „Einwohneranträge“.

Bei einer bestimmten Anzahl von UnterstützerInnen muss im jeweiligen Parlament über das Anliegen diskutiert und in der Regel auch abgestimmt werden.

In Bremen ist dies seit 1994 möglich.

Ein Antrag, der das Land Bremen betrifft, braucht Unterschriften von mindestens 5.000 über 16-Jährigen EinwohnerInnen.

Für die Stadt Bremen werden 4.000 UnterstützerInnen benötigt.

Für Bremerhaven etwa 1.100, das entspricht einem Prozent der EinwohnerInnen.

Rückendeckung erhält das ABB von den Grünen. „Wir werden auf jeden Fall für den Antrag stimmen“, sagt Jan Saffe, ernährungspolitischer Sprecher der Fraktion. Er ist selbst bei der Bremer Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft aktiv.

Im Frühjahr 2014 scheiterten die Grünen mit einen Antrag ähnlichen Inhalts: Damals hatten sie den Senat auffordern wollen, ein Konzept vorzustellen, wie bis 2020 an Mensen oder Kita-Küchen „die öffentliche Beschaffung von Nahrungsmitteln ohne Produkte aus der Intensivlandwirtschaft“ möglich wäre.

Der Antrag schaffte es nicht bis zur Abstimmung, weil die SPD ihn ablehnte (taz berichtete). Vermutlich habe das an Bedenken zur Finanzierung des Vorhabens gelegen, sagt Saffe. Diesmal aber ist er voller Hoffnung. Schließlich habe auch Bremens neuer Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) Ernährung und Gesundheit als wichtiges Anliegen genannt. Und immer mehr Abgeordnete würden sich für eine Ernährungswende aussprechen.

Tatsächlich scheint es in der SPD einen Meinungsumschwung zu geben: Grundsätzlich würde seine Partei den Antrag unterstützen, erklärt Jens Crueger, Sprecher der SPD-Fraktion für Umwelt und Landwirtschaft. „Unsere Fraktion ist prinzipiell gegen Massentierhaltung.“ Dennoch, sagt Crueger, müsse „die Kostenfrage“ berücksichtigt werden. Dass die SPD den Antrag letztes Jahr abgelehnt habe, verwundere ihn, sagt Crueger, der damals noch kein Abgeordneter war. Einen Grund dafür könne er nicht erkennen.

Für Bargfrede wäre eine erneute Ablehnung ein „Armutszeichen für die Stadt“. Doch vorher müssen erst einmal genügend Unterschriften für den Antrag zusammenkommen. 1.400 Unterschriften hat das ABB bisher gesammelt, 4.000 müssen es werden. Die will das Bündnis bis zum Herbst zusammenbekommen.

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