analyse: verwaltungsreform gescheitert : Gutachten für die Katz
Gemeinhin schreiben Gutachter, was sie schreiben sollen – wer zahlt, bestimmt die Aussagen. Am Mittwoch schien sich die Regel zu bestätigen: Als wolle er die Presse darauf stoßen, beeilte sich Staatskanzlei-Gutachter Jens-Joachim Hesse seine Unabhängigkeit zu betonen. Er gelte zwar als Intimus von Wolfgang Clement, aber auch als Eminenz hinter Schwabens Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU).
Die Vorsicht hätte sich Hesse sparen können: Seine NRW-Verwaltungsstrukturreform ist nicht im Sinne der Landesregierung noch der CDU-Opposition. Beauftragt von der Staatskanzlei zertrümmerte Hesse vorauseilend das bisschen Minimalkonsens der Großparteien - seit Donnerstag ist ein Konsens zwischen Regierung und CDU ohnehin Makulatur.
Auch wenn sich CDU und SPD nicht auf eine Reform der Bezirksregierungen und Landschaftsverbände verständigen konnten, war beiden klar: Das Land sollte dreigeteilt werden in Westfalen, Ruhrgebiet und Rheinland. Doch Gutachter Hesse hält nichts davon, will nur zwei Teilregionen Rheinland und Westfalen-Lippe.
Staatskanzleichef Wolfram Kuschke (SPD) kommentierte sybellinisch. Auch bei Teilregionen gebe es Konflikte. Dann trat der Ex-Regierungspräsident kräftig in die Eisen. Klar gebe es schnelle Reformschritte; etwa bei der Entbürokratisierung. Es gebe aber auch Dinge, die langen Atem brauchten. Und damit verriet Kuschke schon einmal den Ausgang des Spitzengespräches zwischen Ministerpräsident Peer Steinbrück und CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers am 2. Februar.
Die große Verwaltungsreform wollte der Ministerpräsident nur im Konsens mit der CDU wagen: Doch die Christdemokraten fordern neue Regionalverbände, Rot-Grün hält an gestrafften Bezirksregierungen fest - und so wird es bis zur Landtagswahl nichts mit der Reform. Bitter für die Staatskanzlei: Der Gutachter nannte ausgerechnet Rüttgers Vorschlag eine „elegante“ Konstruktion.
Seit Donnerstag haben sich Gutachten und Reformeifer wohl endgültig überlebt. SPD und Grüne stimmten im Innenauschuss des Landtags dem Regierungsentwurf zum neuen Kommunalverband Ruhrgebiet zu. Gegen die Stimmen der CDU. Ende Januar wird im Landtag entschieden.
Das bezahlte aber ungeliebte Gutachten von Hesse stiftete noch einmal Verwirrung. Die große Verwaltungsreform, der Konsens von CDU und Regierung ist jedoch längst vom Tisch.
CHRISTOPH SCHURIAN