: Guerilla, Geheimdienst, „US-Terror“
■ Rätselraten um Urheber der Bombenanschläge in Nigeria
In den letzten zwei Monaten sind in Lagos, der größten Stadt Nigerias, viermal Bomben explodiert, bei denen mehrmals Soldaten getötet wurden. Zwei der Anschläge galten dem Militärgouverneur des Bundesstaates Lagos, Oberst Mohammed Marwa, der beide Male davonkam; bei einem anderen Attentat starben neun Offiziere. Zuletzt explodierte am 7. Januar eine Bombe neben einem vorbeifahrenden Armeebus; zwei Soldaten starben. Bereits im November kam der Sicherheitschef des Flughafens von Lagos, Shola Omotohola, ums Leben, als in seinem Auto ein Sprengsatz hochging.
Die Militärregierung macht dafür das im Exil agierende Oppositionsbündnis „Nationaldemokratische Koalition“ (Nadeco) verantwortlich, das für ein friedliches Ende der Diktatur in Nigeria eintritt. „Nadeco und ihre Führer in Nigeria und anderswo sind die Gehirne hinter all diesen Bombenattentaten“, sagte Polizeichef Ibrahim Coomasie am 23. Januar auf einer Pressekonferenz. Gefahndet werde vor allem nach Amos Amogundade Akingba. Er sei der in London lebende Schatzmeister der Nadeco. Zudem sei der Mitfahrer des in seinem Auto gestorbenen Shola Omotohola, ein gewisser Nelson Kazim, Mitglied der Oppositionsgruppe „Nalicon“ gewesen, die nach Regierungsüberzeugung der bewaffnete Arm der Nadeco ist.
Nigerias Regierung ist außerdem davon überzeugt, daß das Ausland in die Anschläge verwickelt ist. Außenminister Tom Ikimi erklärte vor einem Monat, US- Bürger reisten illegal nach Nigeria ein, um dort Terrorakte zu begehen. Im Januar behauptete Informationsminister Walter Ofonogoro: „Westliche Nationen bezahlen Leute dafür, Bomben zu legen, um unser Land zu destabilisieren.“
Die USA haben diesen Vorwurf scharf zurückgewiesen. Auch die nigerianische Exilopposition – sowohl die Nadeco als auch die 1996 gegründete radikalere „Vereinigte Demokratische Front von Nigeria“ (UDFN) – weist jede Verwicklung in die Anschläge zurück und bestreitet, die „Befreiungsorganisation von Nigeria“ (LON) zu kennen, die sich zu den Anschlägen bekannt haben soll. Es wird nicht ausgeschlossen, daß es sich bei der LON um ein Werk des nigerianischen Staates handelt, zumal die LON alle Ausländer zum Verlassen Nigerias aufgefordert hat.
Andererseits ist es auch denkbar, daß sich radikale Regimegegner dem bewaffneten Kampf zuneigen. Wole Soyinka, Schriftsteller und Führer der UDFN, warnte schon im September 1996 gegenüber der taz vor Bombenanschlägen: „Das ist, was passiert, wenn man die Opposition in den Untergrund treibt.“
Der in den USA ansässige „Verband der Auslandsnigerianer“ erklärt zu den Anschlägen: „Der Mißbrauch der Justiz, die Mißachtung des Gesetzes und die Verweigerung fundamentaler Menschenrechte könnten einfache Nigerianer dazu bewogen haben, mehr auf Gewalt als auf Dialog zu setzen.“ Dominic Johnson
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen