piwik no script img

Grünlich blauer Dunst

■ Die umweltfreundliche Zigarette - gibt's das?

Harte Zeiten für ökologisch orientierte WGs und Landkommunen. Nach jahrelangen Streitereien um raucherfreie Zonen und getrennt gesammelten Restmüll aus Aschenbechern droht nun dem Hausfrieden ein herber Rückschlag: die umweltfreundliche Zigarette.

Gestern stellte Reemtsma-Vorstandssprecher Ludger W. Staby in Othmarschen diese „kompromißlose Antwort auf das gestiegene Umweltbewußtsein“ vor.

Mit Verzicht auf Cellophan-Hülle und Ersatz von Alu-Innenhülle, mit Acetatfilter durch Papier wurde nach dreijähriger Forschungszeit und einem Kostenaufwand von fünf Millionen Mark die Einstoff-Verpackung für Zigaretten entwickelt und die New West geboren.

Die Anforderungen des Bundesumweltministeriums zum Vermeiden, Vermindern und Verwerten wurden somit noch übertroffen, brüstet sich Dr. Werner Rahn, Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung bei Reemtsma. Denn die aus sauerstoffgebleichtem Karton bestehende Schachtel ist zu 100 Prozent recycelbar, der Paperfilter vollständig abbaubar.

Um ein der „New-West Philosophie, nämlich Genuß, Geschmack und Umweltverträglichkeit“ entsprechendes Produkt zu entwickeln, wurde zudem eine neue parfümfreie Tabakmischung kreiert. Trotz neuer Verpackungsstoffe habe so „der typische american-blend-Geschmack der West-Zigarette erhalten“ werden können.

Allerdings seien, so Wulf Schulemann vom Marketing-Vorstand, nicht etwa „Öko-Freaks, sondern normale Menschen als Zielgruppe gedacht“. So wundert es nicht, daß sich „der logische Weg, aus dem Naturprodukt Tabak eine umweltverträgliche und umweltschonende Zigarette herzustellen“, eher als Irrweg darstellt. Denn die Zigarette mit 0,9 mg Nikotin und 11 mg Kondensat entpuppt sich beim genaueren Hinsehen als normaler, Herzinfarkt, Raucherbein und verteerte Lunge fördernder Glimmstengel.

Vorstandsspre-cher Staby mußte denn auch auf „die klare Trennung zwischen Gesundheits- und Umweltbewußtsein“ hinweisen und zugeben, daß auch die graue Schachtel nicht, wie zu vermuten wäre, aus Altpapier besteht.

Jörg-Uwe Kerstein

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen